Kassenverbände warnen vor finanzieller Schieflage der Sozialversicherungssysteme
In den letzten Wochen haben die Verbände der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland Alarm geschlagen. Hintergrund ist die besorgniserregende finanzielle Lage sowohl der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) als auch der Sozialen Pflegeversicherung (SPV). Über 74 Millionen Menschen sind von diesen Systemen betroffen, und die drohende Unterfinanzierung könnte erhebliche Folgen für ihre Leistungsfähigkeit haben.
Die AOK, der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek), der BKK Dachverband e.V. sowie andere Organisationen fordern von der Bundesregierung, endlich die im Koalitionsvertrag gemachten Zusagen einzuhalten. Insbesondere verlangen sie eine Entlastung beider Versicherungsbereiche von den sogenannten „versicherungsfremden Leistungen“. Dies sind Ausgaben, die nicht direkt durch die Beiträge der Versicherten finanziert werden, sondern aus allgemeinen Steuermitteln bestreiten werden sollten.
Die Dringlichkeit dieser Forderungen wird besonders deutlich in Bezug auf die beschlossene Krankenhausstrukturreform. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat bereits eingestanden, dass die Reform die Beitragssätze weiter belasten wird. Dies führt zur Besorgnis, dass die finanzielle Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen weiter wachsen wird. Für das Jahr 2025 prognostizieren die Kassenverbände einen zusätzlichen Finanzbedarf von 0,5 bis 0,7 Beitragssatzpunkten, was für viele Versicherte eine jährliche Mehrbelastung von bis zu 217 Euro bedeutet.
Besonders kritisch ist die Situation in der Pflegeversicherung. Trotz der jüngsten Reformmaßnahmen zeigt sich eine finanzielle Instabilität, und die Pflegekassen rechnen für das kommende Jahr mit einem Defizit von rund 3,4 Milliarden Euro. Die Verbände betonen, dass die Regierung dringend Maßnahmen ergreifen müsse, um die kontinuierlich steigenden Ausgaben zu kontrollieren. Ein zentraler Vorschlag ist die Steuerfinanzierung der pandemiebedingten Kosten, die sich auf 5,5 Milliarden Euro summieren.
Des Weiteren fordern die Kassenverbände eine Rückkehr zu einer Ausgabenpolitik, die den realen Einnahmesituationen gerecht wird. Hierbei könnte eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel von 19 auf 7 Prozent eine wesentliche Erleichterung darstellen.
Die fortschreitende Finanzkrise in diesen Bereichen hat nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Versicherten, sondern ist auch ein Zeichen für tiefere strukturelle Probleme im deutschen Sozialversicherungssystem. Die Verantwortung, nachhaltige Lösungen zu finden, liegt nicht nur bei den Verbänden, sondern auch bei der Politik. Ein systematisches Handeln ist erforderlich, um das Vertrauen der Bürger in die sozialen Sicherungssysteme aufrechtzuerhalten.
Die alarmierenden Entwicklungen in der GKV und SPV zeigen, dass ohne rechtzeitige Interventionen die Stabilität dieser zentralen Systeme des deutschen Sozialstaates gefährdet ist. Sollte die Bundesregierung nicht zu einem handlungsfähigen Ansatz finden, könnte dies für eine Vielzahl von Versicherten schwerwiegende Konsequenzen haben. Es bleibt zu hoffen, dass die Verantwortlichen die Dringlichkeit dieser Themen anerkennen und zeitnah Entscheidungen treffen, die die politischen und sozialen Weichen für die Zukunft stellen.