Blaue Wand erinnert: Gedenkspaziergang für NS-Opfer in Steglitz-Zehlendorf
Gedenkveranstaltung in Steglitz-Zehlendorf am 9. Oktober 2025 zur Erinnerung an die Opfer der NS-"Euthanasie"-Morde.

Blaue Wand erinnert: Gedenkspaziergang für NS-Opfer in Steglitz-Zehlendorf
Am 9. Oktober 2025 findet in Berlin eine besondere Veranstaltungsreihe statt, die der Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde gewidmet ist. Unter dem Titel „Die Blaue Wand nach Steglitz-Zehlendorf bringen“ wird ein zentraler Gedenk- und Informationsort in der Tiergartenstraße 4 thematisiert. Dieser Ort erinnert an über 300.000 Menschen, die während der nationalsozialistischen Herrschaft aufgrund von psychischen oder physischen Beeinträchtigungen ermordet wurden. Die Veranstaltung wird gefördert durch die Partnerschaft für Demokratie, die Zukunftssicherung Berlin e.V., den Förderkreis Gedenkort T4 e.V. sowie Eileen Moritz, die Beauftragte für Menschen mit Behinderungen in Steglitz-Zehlendorf.
Der Gedenkspaziergang beginnt um 11:30 Uhr am Erinnerungsort in der Ihnestraße 22, der früher das Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik beherbergte. Der Spaziergang führt auch zum Stolperstein für Frau Blankenhorn in der Leydenallee 66 und endet um 14:30 Uhr am ehemaligen „Haus Kinderschutz“ in der Claszeile 57. Für Gehbeeinträchtigte stehen im Bus fünf Plätze zur Verfügung, eine Anmeldung ist erforderlich.
Ausstellung und Lesung
Zusätzlich zum Gedenkspaziergang wird am 13. November 2025 in der Ingeborg Drewitz Bibliothek eine Ausstellung sowie eine Lesung stattfinden. Unter dem Titel „Die Blaue Wand nach Steglitz-Zehlendorf bringen“ wird das Projekt präsentiert. Die Veranstaltung bietet einen inklusiven Rahmen, moderiert von Menschen mit und ohne Behinderungen, und ist auf 50 Teilnehmer begrenzt. Ein Zugang über eine DIN-gerechte Rampe, ein Aufzug sowie Gebärdensprachdolmetscher sind verfügbar, um die Barrierefreiheit zu gewährleisten.
Der Erinnerungsort an der Tiergartenstraße 4 wurde am 2. September 2014 eröffnet, genau 75 Jahre nach Hitlers „Euthanasie“-Erlass, und hat sich seitdem als zentraler Anlaufpunkt für die Erinnerung an die Opfer der Morde etabliert. Historisch betrachtet war dieser Ort mit der Planung und Organisation der Massentötung von Menschen mit Behinderungen verbunden. In einer Gedenkveranstaltung im Jahr 2011 wurde der Bau des Gedenkortes durch den Deutschen Bundestag beschlossen, um diesem düsteren Kapitel der deutschen Geschichte angemessen Rechnung zu tragen und die Erinnerung wachzuhalten. euthanasie-gedenken.de berichtet von der Wichtigkeit dieser Initiative.
Hintergrund der „Euthanasie“-Programme
Die grausamen „Euthanasie“-Programme der Nationalsozialisten nahmen ihren Ausgang bereits in den 1930er Jahren und wurden durch Gesetze legitimiert, die Zwangssterilisationen erlaubten. Diese Maßnahmen waren Teil einer Ideologie, die darauf abzielte, Menschen, die nicht in das nationalsozialistische Rassenideal passten, zu eliminieren. Laut bpb.de wurden schätzungsweise bis zu 400.000 Menschen zwangssterilisiert, was den Weg für die späteren systematischen Morde ebnete.
Im Jahr 1939 erhielt Adolf Hitler ein Schreiben eines Vaters, der um die Tötung seines behinderten Kindes bat, was zur Ermächtigung der „Kanzlei des Führers“ zur Durchführung der Morde führte. Die Aktion T4 richtete sich gegen kranke und behinderte Erwachsene sowie Kinder und forderte zahlreiche Opfer. Schätzungen gehen von etwa 70.000 bis 300.000 Menschen aus, die durch diese Programme ums Leben kamen. Auch nach der offiziellen Einstellung der Tötungen im Jahr 1941 wurden die grausamen Praktiken in verdeckter Form fortgesetzt.
Die Gedenkveranstaltungen am Erinnerungsort sind daher nicht nur eine Möglichkeit, die Opfer zu ehren, sondern auch ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitung dieses schmerzlichen Kapitels in der Geschichte Deutschlands. Die Veranstaltungen erinnern uns daran, dass es entscheidend ist, die Geschichten der Opfer weiterzutragen und eine Sensibilität für die Rechte von Menschen mit Beeinträchtigungen zu fördern.