"Berliner Morgenpost": Reden wie der BBU-Chefin bringt Berliner Wohnungssuchenden wenig / Kommentar von Joachim Fahrun zur prekären Wohnungssituation in Berlin
Wenn es um die Mieten in Berlin geht, scheint die Chefin des Wohnungsverbands BBU eine andere Realität wahrzunehmen als die Mehrheit der Stadtbewohner. Ihre Behauptung, dass die Mieten "günstig" seien, steht im Widerspruch zu den Angebotsmieten, die tatsächlich auf dem Immobilienmarkt kursieren. Diese werden jedoch häufig von den einschlägigen Online-Portalen verfälscht. Für Wohnungssuchende ist dies keine Hilfe.
Wer einen Umzug plant, sei es aufgrund wachsender Familien oder dem Wunsch nach einem gemeinsamen Leben als Paar, wird nur selten in den vielen Wohnungen des BBU fündig, die Mieten unter acht Euro anbieten.
Eingesessene Berliner haben dabei einen klaren Vorteil. Sie kennen Personen, bei denen gerade eine alte Nachbarin verstorben ist oder eine Familie die Stadt verlässt. Einige haben auch das Glück, einen alten Genossenschaftsanteil zu finden, den ihnen ihr Großvater hinterlassen hat. Dadurch rutschen sie in den Wartelisten weit nach vorne.
Für all jene, die keine solchen Kontakte haben, bleibt der Wunsch nach einer bezahlbaren neuen Wohnung oft unerfüllt. In ihrer Verzweiflung ziehen viele Menschen schließlich in überteuerte Mini-Apartments, die zudem spärlich möbliert sind.
Allerdings stellen die nahezu stagnierenden Bestandsmieten im Vergleich zu den explodierenden Kosten für Modernisierungen und Neubauten ein Problem für die gesamte Branche dar.
Um die sozial orientierte Wohnungswirtschaft nicht zu überfordern, sind moderate Mietsteigerungen im Rahmen der Lohnentwicklung mittelfristig unverzichtbar. Gleichzeitig müssen Bund und Land den Neubau noch stärker und verlässlicher subventionieren als bisher. Denn für einen Teil der Berliner Bevölkerung bedeutet die aktuelle Situation nicht "günstige" Mieten, sondern fast schon Münchner Verhältnisse.