Der Architekturpreis Berlin steht kurz bevor und das frisch renovierte Haus des Berliner Verlages am Alexanderplatz ist einer der Nominierten. Das Pressehaus wurde denkmalgerecht rekonstruiert und zeitgenössisch erweitert, was es zu einem architektonischen Highlight in der Stadt macht. Insgesamt konkurrieren 85 Mitbewerber um den begehrten Titel. Eine fünfköpfige Fachjury wird das beste Gebäudedesign Berlins küren, während zeitgleich auch eine Publikumsabstimmung stattfindet, bei der jeder per E-Mail für seinen Favoriten voten kann. Interessanterweise hat das Publikum in den letzten drei Wahlen immer wieder für überraschende Sieger gesorgt. Bei der Premiere des Architekturpreises im Jahr 2013 gewann beispielsweise eine verspielte Kita in einer ehemaligen Fabrik am Stadtrand von Lichterfelde, die von den Newcomerinnen von "Baukind" eingerichtet wurde. Dieses Jahr präsentiert sich das Gemeindehaus in der Dahlemerl Gelfertstraße besonders unprätentiös und hat gute Chancen auf den Publikumspreis. Mit knalligen Farben und schrägen Leitungen haben die Architektinnen "Reccius & Baragiotta" aus dem Gebäude studentische Wohnateliers gemacht. Eine weitere Entdeckung ist der Waldkindergarten, der auf dem S-Bahndamm hinter Tegel liegt und von dem Büro "Klaiber+Oettle" ursprünglich für Schwäbisch Gmünd entwickelt wurde. Das Urteil der Fachjury lässt sich hingegen leichter vorhersagen. Seit 1992 wurden fast immer die prominentesten Projekte oder namhaftesten Designteams ausgezeichnet. Diesmal könnte es David Chipperfields Grundsanierung der Neuen Nationalgalerie sein, der zahlreiche Preise für seine Arbeit erhalten hat. Chipperfield hat dem Mies-van-der-Rohe-Tempel nichts Eigenes hinzugefügt und wurde genau dafür vielfach gelobt. Zu den favorisierten Projekten zählen auch der U-Bahnhof Rotes Rathaus von "CollignonArchitektur", der als dynamisch und eindrucksvoll beschrieben wird, sowie der THF Tower, der von den Schweizer Kulturbauspezialisten ":mlzd" zu einer Aussichtsplattform umgestaltet wurde. Auch das Bricks-Projekt von "Graft", bei dem die Hauptpost von Schöneberg fantasievoll zu einem hochmodernen Mixed-Use-Komplex umgestaltet wurde, hat gute Chancen. Weitere Favoriten sind die Spore Initiative, die ein Festspielhaus auf einem Friedhof in der Hermannstraße in Neukölln geschaffen hat, sowie die Nashorn-Pagode im Zoo, die von "dan pearlman Erlebnisarchitektur" gestaltet wurde. Allerdings ist es auch überraschend, was auf der Kandidatenliste fehlt. Kein Gestalter übernimmt Verantwortung für Berlins zahlreiche Verkehrsberuhigungen und das oft als "Pflasterwüste" bezeichnete Umfeld des Humboldt-Forums ist der einzige Freiraum auf der Liste. Innovative Antworten auf ökologische, soziale und finanzielle Herausforderungen scheinen in der deutschen Architekturszene allgemein Mangelware zu sein. Nur eine von fünf von der Jury ausgewählten Fertigstellungen geht den altbewährten Weg des Bestehenden und setzt auf Ertüchtigung anstelle von Neubau - das Pressehaus am Alexanderplatz. Ein Sieg in dieser Kategorie wäre daher durchaus gerechtfertigt. Bis zum 28. August können alle Interessierten online ihre Stimme für den Publikumspreis abgeben. Das Ergebnis bleibt abzuwarten, bis die Fachjury und das Publikum ihre Entscheidungen bekannt geben.
NAG Redaktion
Versierte Journalisten mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Arbeiteten seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Haben für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und sind bekannt für tiefgründige Analysen und klare Darstellungen komplexer Sachverhalte.