Kein Fortschritt bei der Verschärfung von Werbeerlaubnis für Alkohol
Die Ampelregierung versprach im Dezember 2021 in ihrem Koalitionsvertrag, die Regelungen für Marketing und Sponsoring bei Alkohol zu verschärfen. Doch mittlerweile sind 19 Monate vergangen und es zeigt sich, dass die Bundesregierung bisher kaum etwas unternommen hat, um dieses Ziel umzusetzen. Ein entsprechendes Gesetz ist in weiter Ferne und wird voraussichtlich in dieser Legislaturperiode nicht mehr zustande kommen.
Eine Anfrage des Tagesspiegels ergab, dass bis heute nicht klar ist, welches Ministerium überhaupt zuständig wäre. Das Wirtschaftsministerium sieht das Gesundheitsministerium als federführend an, während das Gesundheitsministerium das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft als federführend betrachtet. Das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wiederum kann keinerlei neuen Sachstand mitteilen und es gibt weder einen Referentenentwurf noch einen Zeitplan.
Es ist bemerkenswert, dass das BMEL dem Minister Cem Özdemir (Grüne) unterstellt ist, der enge Kontakte zur deutschen Alkohollobby pflegt. In der Vergangenheit wurde er sogar zum „Botschafter des Bieres“ ernannt. Er war auch als Ehrengast bei einer Festveranstaltung des Deutschen Brauer-Bunds, einer einflussreichen Lobbyorganisation der Alkohollobby, anwesend. Auf die konkrete Frage, was das Ministerium von Cem Özdemir unternommen hat, um die im Koalitionsvertrag festgehaltene Verschärfung der Marketing- und Sponsoringregeln umzusetzen, gibt das Ministerium keine Antwort. Es bleibt auch unklar, welches Ministerium überhaupt federführend ist.
Alkohol ist ein bedeutender Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. In Deutschland leiden 1,6 Millionen Menschen an Alkoholsucht. Experten sind der Meinung, dass der große Einfluss der deutschen Alkohollobby sinnvolle politische Maßnahmen zur Bekämpfung von Alkoholkonsum und -missbrauch verhindert.
Der Deutsche Brauer-Bund, für den Cem Özdemir als „Bierbotschafter“ fungierte, ist sich seines Einflusses bewusst. Die Lobbyorganisation gibt an, über ein Netzwerk zu verfügen, das Zugang und Akzeptanz bei Ministerien, Politikern, Behörden, Wissenschaftlern, Medien und Meinungsmultiplikatoren hat. Sie übt Einfluss auf politische und gesellschaftspolitische Entwicklungen auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene aus.
Es bleibt abzuwarten, ob die Ampelregierung noch Schritte unternehmen wird, um die Verschärfung der Werbeeinschränkungen für Alkohol umzusetzen. Die Verflechtung zwischen der Alkohollobby und Spitzenpolitikern wirft jedoch Fragen auf und lässt Zweifel aufkommen, ob hier tatsächlich im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung gehandelt wird.
Quelle: Der Tagesspiegel