Kafkas Der Prozess als jiddische Vaudeville-Sensation im Ensemble!

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Premiere von Barrie Koskys "Der Prozess" am 28.10.2025 im Berliner Ensemble. Eine faszinierende jiddische Vaudeville-Inszenierung.

Premiere von Barrie Koskys "Der Prozess" am 28.10.2025 im Berliner Ensemble. Eine faszinierende jiddische Vaudeville-Inszenierung.
Premiere von Barrie Koskys "Der Prozess" am 28.10.2025 im Berliner Ensemble. Eine faszinierende jiddische Vaudeville-Inszenierung.

Kafkas Der Prozess als jiddische Vaudeville-Sensation im Ensemble!

Heute, am 28. Oktober 2025, feiert das Berliner Ensemble die Premiere von Barrie Koskys vielbeachteter Inszenierung von Franz Kafkas „Der Prozess“. In einem einzigartigen Ansatz kombiniert Kosky, der bereits mit seiner früheren Produktion von „Die Dreigroschenoper“ Erfolge feierte, Elemente des jiddischen Vaudeville-Theaters, die besonders Kafkas Verbindung zur jüdischen Kultur widerspiegeln. Die Inszenierung zeigt Josef K., gespielt von Kathrin Wehlisch, als einen tänzelnden und verletzlichen Clown, was einen spannenden Kontrast zum düsteren Inhalt des Romans bietet.

Kosky interpretiert die Hauptfigur in einem Setting, das die konventionellen Erwartungen an das Drama herausfordert. Anstelle des oft als Bürokratie verstandenen „Apparats“ in Kafkas Werk, sieht Kosky diesen als Ausdruck des Judentums. Diese Perspektive wird durch die Transformation der Bühnenumgebung, die nach der Verhaftung von Josef K. in eine Synagoge verwandelt wird, deutlich. Zudem tritt der Advokat Huld nicht direkt auf, seine Präsenz hingegen ist durch seine Stimme spürbar, was die specielle dramaturgische Entscheidung Koskys unterstreicht.

Jüdische Kultur und musikalische Elemente

Die Inszenierung ist nicht nur eine literarische Auseinandersetzung, sondern auch eine Hommage an die kulturellen Wurzeln Kafkas. Musikalische Elemente wie Bach-Choräle in Jazz-Version und jiddische Lieder verleihen der Aufführung zusätzliche Tiefe. Kosky und sein kreatives Team erforschen auch Kafkas Jüdischkeit durch Texte, die in Deutsch, Jiddisch und Hebräisch präsentiert werden, unterlegt mit deutschen Übertiteln. Dies spiegelt Kafkas eigene Auseinandersetzung mit seiner kulturellen Identität wider, die sich im Kontext des beginnenden 20. Jahrhunderts in Prag vollzog, als er von einer östlich-jüdischen Theatergruppe entdeckt wurde, die einige seiner literarischen Ideen prägte.

Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt der Aufführung ist die Integration von Kafkas Kurzgeschichte „In der Strafkolonie“. Constanze Becker bringt diesen Text in die Inszenierung ein, wodurch die komplexe Beziehung zwischen Kafkas literarischem Werk und seiner jüdischen Identität weiter beleuchtet wird. Diese thematische Tiefe macht die Inszenierung zu einer Meisterleistung, die nicht nur durch das starke Ensemble, sondern auch durch die geschickte Mischung aus Slapstick-Elementen und großen Gesten besticht.

Kafkas Erbe und die zeitgenössische Relevanz

Kafkas Auseinandersetzung mit seiner Identität und dem Platz der Juden in der Gesellschaft ist zentral für die Interpretation seines Werkes. Historisch gesehen fühlte sich Kafka oft zwischen seiner jüdischen Identität und der deutschen Kultur hin- und hergerissen, was seine Schriften nachhaltig beeinflusste. Diese Spannungen finden sich auch in der heutigen Inszenierung wieder, die durch Koskys künstlerische Arbeit den oft übersehenen Aspekten der jüdischen Kultur Raum gibt und sie für ein modernes Publikum zugänglich macht.

Die Beschäftigung mit der jiddischen Sprache und der Kultur, die Kafka nach einer Aufführung einer Yiddish-Drama-Truppe in Prag 1911 faszinierte, wird von Kosky in dieser Inszenierung lebendig gehalten. Kafka erlebte, wie das jiddische Theater eine Form des authentischen jüdischen Ausdrucks vermitteln konnte, was seine eigenen literarischen Ambitionen beeinflusste. Durch die Kombination all dieser Elemente inszeniert Kosky nicht nur einen Klassiker der Literatur, sondern eröffnet auch einen relevanten Dialog über kulturelle Identität und Ausgrenzung.

Das Berliner Ensemble und die zahlreichen Beteiligten, darunter Kathrin Wehlisch als Josef K., Paul Herwig als Der Aufseher und Constanze Becker in weiteren Rollen, tragen maßgeblich dazu bei, dass Kafkas komplexe Themen in einem neuen Licht erstrahlen. Die Premiere dieser Inszenierung verspricht ein unvergessliches Erlebnis zu werden, das sowohl treue Kafka-Leser als auch neue Interessierte in seinen Bann zieht.