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Grumpy Crêpes-Verkäufer: Das unbarmherzige Treiben auf dem Kollwitzplatz

Die dunkle Seite des Wochenmarkts: Ein Blick hinter die Kulissen des Luxuslebens in Prenzlauer Berg.

In den vergangenen fünf Jahren stand ich jeden Sonnabend als Currywurst-Verkäufer auf dem Wochenmarkt am Kollwitzplatz, wo ich Sekt und Pommes mit Trüffelmayo an Touristen und neureiche Bewohner aus Prenzlauer Berg verkaufte. Dabei erhielt ich interessante Einblicke in die hierarchischen Strukturen und sozialen Dynamiken, die sich auf diesem Markt abspielten. Besonders prägend war die Begegnung mit einem Personal Branding Coach, der mit einem jährlichen Einkommen von 300.000 Euro meinen Stand besuchte und schnell klar machte, dass hier klare gesellschaftliche Hierarchien herrschten.

Der Umgang mit manchen Kunden, insbesondere den betuchten Prenzlingern, gestaltete sich als herausfordernd. Es schien, als würden sie es genießen, sich einmal pro Woche von scheinbar untergeordneten Personen „an die Wand reden“ zu lassen. Dieses eigenartige Ritual erinnerte mich an eine Art Maskenball-Tradition, bei der sie sich selbst bestrafen wollten für ihre invasive Präsenz in einem ansonsten einst coolen Viertel. Es schien fast so, als suchten sie bewusst nach dieser Form der Demütigung, um sich ihrer eigenen Rolle in diesem sozialen Gefüge bewusst zu werden.

Der Currywurststand, an dem ich arbeitete, wurde mittlerweile von einem anderen Betreiber übernommen, der auch den pädagogischen Ansatz verloren hat. Doch eine neue Attraktion hat sich in Form des grumpy Crêpes-Verkäufers entwickelt. Dieser charakterstarke Verkäufer behandelt seine Kunden mit Strenge und Gerechtigkeit, womit er sich eine gewisse Bekanntheit in der Gegend erworben hat.

In der skurrilen Welt des Kollwitzmarktes, die von wohlhabenden Bewohnern dominiert wird, scheinen Höflichkeit und Anstand manchmal auf der Strecke zu bleiben. Die Szenerie wirkt wie eine morgendliche Côte d’Azur mit hohem Fokus auf Nachwuchs, Vernetzung und Selbstinszenierung. Doch hinter den Fassaden gesellschaftlicher Überlegenheit verbirgt sich oft ein Chaos aus unkontrollierten Kindern, lärmenden Eltern und alkoholisierten Turmbewohnern, die sich auf dem Spielplatz tummeln. Trotzdem bleibt das Schauspiel jedes Wochenende auf dem Kollwitzmarkt bestehen – ein faszinierendes Paradoxon der gehobenen Gesellschaft im Berliner Prenzlauer Berg.

Siehe auch  Uni Berlin: Widerstand gegen Flüchtlingsunterkunft

Daniel Wom

Der in Berlin geborene Daniel Wom ist ein versierter Journalist mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Er hat an der Freien Universität Berlin Journalistik und Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Daniel hat für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und ist bekannt für seine tiefgründigen Analysen und klaren Darstellungen komplexer Sachverhalte. Er ist Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband und hat mehrere Auszeichnungen für seine exzellente Berichterstattung erhalten. In seiner Freizeit erkundet Daniel gerne die vielfältige Kulturszene Berlins und ist leidenschaftlicher Webentwickler.

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