Der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen wird in den kommenden Jahren zu großen Herausforderungen führen, da sich sowohl die Bedarfe der Versorgung als auch die Anforderungen an die medizinische Versorgung einer alternden Bevölkerung verändern. Laut aktuellen Studien werden im Jahr 2035 voraussichtlich knapp 1,8 Millionen Stellen im Gesundheitssystem nicht mehr besetzt sein können. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sind grundlegende Strukturänderungen im Gesundheitswesen sowie zwischen den Gesundheitsprofessionen notwendig.
Der Leiter des Kompetenzbereichs „Gesundheit“ am RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e.V., Prof. Dr. Boris Augurzky, betont, dass die Steigerung der verfügbaren Arbeitszeit im Gesundheitswesen, die Gewinnung von Nachwuchs aus anderen Branchen, die Zuwanderung, der Einsatz moderner Technologien, die Aufwertung der Pflege, Bürokratieabbau sowie eine bessere Patientensteuerung und Optimierung der Versorgungsstrukturen zu den erforderlichen Maßnahmen gehören.
Das Bundesministerium für Gesundheit ist sich des Handlungsdrucks bewusst und arbeitet an Reformen wie der Krankenhausstrukturreform und dem Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz, die jedoch erst nach 2030 spürbare Auswirkungen zeigen werden. Auch die Politik der Bundesregierung zielt darauf ab, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, unter anderem durch die Erweiterung des Handlungsrahmens für den Einsatz von Pflegenden und die bessere Abstimmung der gesundheitlichen Angebote auf den Bedarf der Patienten.
Die Direktorin des Forschungsschwerpunktes „Arbeit und Wandel“ an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, Michaela Evans-Borchers, fordert eine Schaffung besserer Rahmenbedingungen in der Aus- und Weiterbildung sowie vielseitigere Berufsperspektiven, um Menschen für pflegerische und medizinische Berufe zu gewinnen. Sie setzt zudem auf erweiterte Kompetenzen und Entscheidungsbefugnisse in den Gesundheitsprofessionen, um die arztzentrierte Versorgung zu entlasten.
Die Unions-Fraktion spricht sich für Delegation und Substitution von Aufgaben im Gesundheitswesen aus und betont die Bedeutung der Fachkräftezuwanderung. Die Präsidentin des Deutschen Pflegerats, Christine Vogler, fordert eine Kompetenzneuaufstellung der Gesundheitsfachberufe und eine Aufwertung der Pflegeberufe. Sie betont zudem, dass die Gesellschaft insgesamt die Gesundheitskompetenz stärken müsse.
Der arbeitgeberseitige Verwaltungsratsvorsitzende der IKK – Die Innovationskasse, Jens Cordes, betont die Notwendigkeit von mehr Prävention und Gesundheitsförderung, um krankheitsbedingte Ausfälle zu verhindern. Der Vorstandsvorsitzende des IKK e.V., Hans Peter Wollseifer, spricht sich dafür aus, die Anzahl der Arzt-Patienten-Kontakte zu reduzieren, indem die Hausarztzentrierte Versorgung gestärkt und das Personal in der ambulanten Versorgung effizienter eingesetzt wird.
Der Geschäftsführer des IKK e.V., Jürgen Hohnl, betont die Notwendigkeit von grundlegenden Strukturänderungen im Gesundheitswesen und dem Zusammenspiel aller Gesundheitsberufe. Er sieht die Zukunft hoffnungsvoll und verweist auf bereits umgesetzte Maßnahmen in Sachsen-Anhalt, wie die Umstrukturierung der Ausbildung, eine Erhöhung der Vergütung, eine Ausweitung der ausländischen Zuwanderungen und eine Stärkung der ländlichen medizinischen Versorgung.
Hier ist eine Tabelle mit Fakten zum Fachkräftemangel im Gesundheitswesen:
| Jahr | Anzahl der nicht besetzten Stellen |
|———|——————————— |
| 2035 | 1,8 Millionen |
|———|——————————— |
Es wird deutlich, dass grundlegende Strukturänderungen im Gesundheitswesen und zwischen den Gesundheitsprofessionen notwendig sind, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Die Diskussion um Lösungsansätze reicht von der Steigerung der Arbeitszeit im Gesundheitswesen über die Gewinnung von Nachwuchs aus anderen Branchen bis hin zur Stärkung der ambulanten Versorgung und der Förderung der Prävention. Es bleibt abzuwarten, wie die Politik und die Akteure im Gesundheitswesen auf die Herausforderungen des Fachkräftemangels reagieren und welche Maßnahmen umgesetzt werden können, um eine zukunftsfähige medizinische Versorgung sicherzustellen.
Quelle: IKK e.V. / ots