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Der verlorene Knopf – Eine Suche in Wien und eine Begegnung mit Paul Knopf in Berlin

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In Wien, der Hauptstadt Österreichs, verschwindet normalerweise nichts - besonders wenn es um Fahrräder geht. Doch in meinem Fall verlor ich vor der Hofburg einen Knopf. Der Grund dafür war meine Absicht, einem sehr muskulösen Mitarbeiter der Hofburg die Yogaposition Skorpion zu demonstrieren, nachdem er mir zuvor mit einem Handstand seine männliche Stärke gezeigt hatte. Früher hätte ich so eine Aktion betrunken durchgeführt, aber diesmal war ich ehrlich gesagt nüchtern.

Beim Versuch, in den Unterarmstand zu kommen, riss der Knopf meines hautengen Lederrocks. Ich versuchte daraufhin im Dunkeln, den Knopf zu finden, aber erfolglos. Auch am nächsten Tag blieb die Suche ohne Erfolg. Es war lustig, wie ich über die schlampig gemähte Grasfläche gebückt herrumstrawanzte. In Berlin hätte es so ausgesehen, als hätte ich mein MDMA-Tütchen verloren. Aber was ich stattdessen fand, waren drei Feuerzeuge, ein Filterröhrchen, verschiedene Zigarettenstummel (in Wien als "Tschick" bekannt), 70 Cent und sogar 10,21 Euro. Kein MDMA-Tütchen und auch kein Knopf.

Eine alternative Lösung musste her. Glücklicherweise gibt es in Wien Fachgeschäfte für Nähbedarf, jedoch sticht Paul Knopf alle aus. Bei meinem nächsten Besuch in Berlin machte ich daher einen Abstecher zu seinem Geschäft in der Zossener Straße. Dieses Geschäft ist eine Institution und hat nur während acht Stunden pro Woche geöffnet. Die Knöpfe stapeln sich dort bis unter die Decke in Röhrchen und Boxen, die nicht zur Selbstentnahme bestimmt sind. Die Atmosphäre ist von dem Geist des besitztumsanfälligen Besitzers erfüllt – wegen Pauls Abneigung gegen das Wiedereinräumen sind die Artikel vom Umtausch ausgeschlossen.

An der Wand hängt eine Postkarte mit dem Satz "Ein schönes Kleid kann nichts entstellen". Dieser Meinung schloss sich auch Pauls Mitarbeiter an, der meine Absicht, den fehlenden Knopf zu ersetzen, mit gewohnter Berliner Schnoddrigkeit abblocken wollte: "Sieht scheiße aus".

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Während ich mich unbeirrt durch das Knopfchaos kämpfte (Hände weg von den Boxen!), beobachtete ich fasziniert, wie unterschiedlich Alexander, der Mitarbeiter von Paul Knopf, seine Kunden behandelte. Manchmal siezte er sie, manchmal duzte er sie, manchmal nannte er sie "Süße", dann gab es wieder Wortgefechte. Die Themen reichten von den individuellen Wünschen der Kostümbildnerinnen der Serien "Charité" und "Babylon Berlin" bis hin zu seiner Mutter. Alexander drehte sich immer wieder um den heißen Brei herum, oder, um es mit den Worten seiner Kunden zu sagen: "Haste wieder Quasselwasser getrunken?".

Schließlich war es Viertel nach sechs und ich war die letzte Kundin. Es ist merkwürdig, wie mir ständig Leute ihre Lebensgeschichte erzählen, aber nun gut: Alexander wurde in den 70er Jahren in Ost-Berlin geboren und seine Jugend war geprägt von Weststreichhölzern und New-Romantic-Glamour. Auch eine Mokkabar namens Größenwahn, die sich unter dem Fernsehturm befand, war ein Teil seiner Jugend: "Wenn du als Westboy da drin warst, hatte du es geschafft".

Obwohl er offensichtlich schwul war, hatte Alexander eine Ex-Frau und auch seine Mischlingshündin Jule zeigte queere Tendenzen, indem sie mehrmals ihre Schnauze unter meinen Rock schob. Ich stellte mir vor, dass ich mit ihr nie wieder etwas verlieren würde.

Letztendlich verließ ich den Laden mit drei verschiedenen Knöpfen, die entweder zu groß waren oder nicht die richtige Farbe hatten. Dennoch hatte ich das Gefühl, einen erfolgreichen Tag gehabt zu haben. Übrigens: Nur weil ein Mann jemanden auf Händen trägt, bedeutet das nicht, dass er einen unterstützt.

Daniel Wom

Der in Berlin geborene Daniel Wom ist ein versierter Journalist mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Er hat an der Freien Universität Berlin Journalistik und Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Daniel hat für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und ist bekannt für seine tiefgründigen Analysen und klaren Darstellungen komplexer Sachverhalte. Er ist Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband und hat mehrere Auszeichnungen für seine exzellente Berichterstattung erhalten. In seiner Freizeit erkundet Daniel gerne die vielfältige Kulturszene Berlins und ist leidenschaftlicher Webentwickler.

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