![Ist die Kritik am Club gerechtfertigt?](/wp-content/uploads/2023/07/Cancel-Culture-im-Kitkat-Club-Sensible-Einlasspolitik-oder-Ignoranz-gegenueber-dem.jpg)
Ja, denn unsensibler geht es kaum
Kaum ein Vorwurf wird heute schneller vorgebracht als jener der "Cancel Culture". Wie üblich, ist der Vorwurf auch in diesem Fall recht hoch gegriffen: Es geht bei der Kritik an der Einlasspolitik des Kitkat-Clubs weniger darum, vorzuschreiben, wer hineindarf und wer nicht. Vielmehr muss es Besuchern eines sexpositiven Clubs möglich sein, frei entscheiden zu können.
Die Aussage der DJane Vaiana, die am Sonntag im Kitkat auflegte, spricht dahingehend Bände: Hätte sie vom Besuch der Band erfahren, hätte sie sich nach eigener Aussage "natürlich laut gemacht". Für sie war der Fall ein "absolutes No-Go".
Natürlich kann der Club nicht alle Besucher und Angestellten über jeden informieren, der zur Tür hereingelassen wird, aber weder Till Lindemann noch die anderen Bandmitglieder von Rammstein sind "jeder". Vielmehr stehen sie gegenwärtig im Fokus einer Debatte um Machtmissbrauch und sexuelle Ausbeutung. Dabei geht es nicht einmal um die konkreten Vorwürfe gegen einzelne Personen und wie viel juristisch nachgewiesen wurde.
Es geht – darauf weist auch die DJane der Party in der Nacht zu Montag hin – um den Club als "Safe Space". In einem Club, in dem ausgelassen getanzt wird und Menschen sehr freizügig unterwegs sind, machen sich eben diese Menschen verwundbar und setzen großes Vertrauen gerade in das Sicherheitspersonal und den Club als Ganzen. Vor allem dann, wenn "Safe Space" kein Wunschdenken der Besucher, sondern der Anspruch des Veranstaltungsorts selbst ist.
Einige Menschen, gerade unter den FLINTA-Besuchern (Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen), stellen sich jetzt natürlich die Frage, wie über das Lindemann-Beispiel hinaus der Einlass künftig geregelt wird. Was hat der Club dabei im Blick: Das Wohlwollen einzelner befreundeter Gäste oder das Wohl aller Gäste?
Und ja, auch wenn manch einer mit Verweis auf Gesetze und Regeln genervt die Augen verdreht, es geht um das Gefühl von Sicherheit. Wenn sich also Menschen unwohl fühlen, dann ist dieser Club kein sicherer Ort mehr für sie, und sie haben die Freiheit, dort nicht mehr hinzugehen. Diese Freiheit haben sie aber – und das macht es für sie noch unangenehmer – erst jetzt, mit mehr Wissen. Einige hätten sich wohl im Vorfeld anders entschieden, hätten sie mehr gewusst. Diese Grundlage für ihre Entscheidung hatten sie aber nicht.
Bei der Diskussion um "Safe Spaces" und um Diskriminierung geht es immer auch und vor allem um Machtgefälle. Es gibt viele Menschen, die eben nicht im Zweifel eine Hotelsuite buchen können, um dort spontan privat eine frivole Party zu feiern. Andere haben Geld, Verbindungen und Macht, um genau das zu tun. Enthält man Letzteren einen Ort wie eine Party im Kitkat vor, bleibt ihnen noch eine Möglichkeit. Wer diese nicht hat, schaut im Zweifel in die Röhre.
Die Antwort des Kitkat-Clubs, dass es nun mal schwierig sei und man einfach nicht wisse, was stimme und was nicht, ist faktisch wohl richtig. Das Wegducken unter der Debatte und die völlige Ignoranz gegenüber dem Unwohlsein von Besuchern ist an mangelnder Sensibilität kaum zu überbieten. Menschen, die sich unwohl fühlen, lässt man so einfach im Regen stehen und sagt ihnen nicht weniger als: Es ist mir egal, wie es euch geht.