Radwegstopp in Berlin: Weiteres Gerichtsverfahren droht dem Senat
Der Umbau der Hauptstraße in Schöneberg mit geschützten Radfahrstreifen wurde von Senatorin Schreiner gestoppt. Ein Bürger droht nun mit einer Klage.
Im Konflikt um die Verkehrspolitik des neuen Senats könnte es zu einem weiteren Rechtsstreit kommen. Ein Bürger hat den Senat aufgefordert, den Stopp des Umbaus der Hauptstraße in Schöneberg aufzuheben. Sollte die Verkehrsverwaltung nicht innerhalb einer bestimmten Frist zusagen, geschützte Radfahrstreifen einzurichten, wird er Klage einreichen. Dies gab die Deutsche Umwelthilfe, welche den Bürger unterstützt, am Freitag bekannt. Bereits am Verwaltungsgericht ist ein Verfahren zur Ollenhauerstraße in Reinickendorf anhängig. Dort fordert eine betroffene Bürgerin, den bereits fertig gebauten, aber als ungültig markierten Radfahrstreifen freizugeben. In diesem Fall könnte es nun eine Wendung geben, so die Deutsche Umwelthilfe.
Jahrelang wurde gestritten, gefordert und schließlich geplant. Nun steht das Projekt, in der Hauptstraße in Schöneberg den Fahrbahnraum zwischen dem U-Bahnhof Kleistpark und der Dominicusstraße anders aufzuteilen. Geschützte Radfahrstreifen sollen das Radfahren auf diesem Abschnitt der Bundesstraße 1 sicherer machen. Dies erfordert, dass die Busspuren vom rechten Fahrstreifen auf den mittleren Fahrstreifen verlegt werden. Dadurch soll der Verkehr auf der M48 und anderen Linien beschleunigt werden. Dem übrigen Kraftfahrzeugverkehr steht die jeweils linke Spur zur Verfügung, momentan gibt es hier je zwei Fahrstreifen. Auch Lieferparkzonen sind in der Planung des Bezirksamtes vorgesehen.
Der Bund wird drei Viertel der Baukosten tragen
Das Projekt in der Hauptstraße ist umsetzungsreif, so Saskia Ellenbeck (Grüne), die für die Straßen in Tempelhof-Schöneberg zuständige Stadträtin. Der Bund hat zugesagt, von den Baukosten in Höhe von rund einer Million Euro drei Viertel zu tragen. Es könnte also eigentlich losgehen. Doch die Senatsverkehrsverwaltung hat das Vorhaben angehalten. Obwohl bereits Prüfungen und Abstimmungen stattgefunden haben, lässt Senatorin Manja Schreiner (CDU) das Projekt erneut untersuchen. Dabei geht es unter anderem darum, wie sich der Umbau auf den Verkehr auswirken würde – inklusive des ruhenden Autoverkehrs.
Radfahrer und andere Unterstützer der Mobilitätswende haben bereits mehrmals dagegen demonstriert. Nun beschäftigt sich auch die Justiz mit dieser Angelegenheit, wobei erneut die Deutsche Umwelthilfe, durch eine ihrer Anwältinnen, assistiert und unterstützt. „Ein persönlich betroffener Bürger hat bei der Senatsverwaltung beantragt, den bereits angeordneten Radweg auf der Hauptstraße in Berlin-Schöneberg unverzüglich umzusetzen und freizugeben“, teilte die Umwelthilfe mit. „Wenn dem Antrag nicht innerhalb der einmonatigen Frist entsprochen wird, wird Klage erhoben.“
In der Mitteilung wird der Bürger, der die Senatsverwaltung nun zum Handeln auffordert, zitiert. „Die Hauptstraße in Schöneberg ist für Radfahrende eine der wichtigsten Strecken im Bezirk und Schulweg vieler Kinder“, sagte er. „Gleichzeitig ist sie eine der gefährlichsten Straßen in Schöneberg – erst vor wenigen Jahren wurde hier eine Radfahrerin bei einem Unfall getötet. Der bereits angeordnete Radweg wäre ein Lichtblick für alle Menschen im Bezirk und muss kommen.“
Gibt es eine Freigabe des Radwegs in der Ollenhauerstraße?
„Ein rein politisch motivierter Stopp eines Radwegs, der geplant, finanziert und angeordnet wurde und der von der Verwaltung noch bis vor wenigen Wochen als wichtig für die Verkehrssicherheit angesehen wurde, ist ein rechtswidriger, symbolischer Akt im ideologischen Kampf der CDU gegen Radwege“, kommentierte die Deutsche Umwelthilfe.
Im Fall des ungültig gemachten Radfahrstreifens in Reinickendorf zeichnet sich eine neue Entwicklung ab, hieß es am Freitag weiter. „Die Senatsverwaltung plant offenbar, den zunächst gesperrten Radweg auf der Ollenhauerstraße doch freizugeben, wie am späten Donnerstagabend bekannt wurde.“ Dies erfolge unmittelbar nachdem eine persönlich betroffene Mitarbeiterin der Umwelthilfe in der vergangenen Woche einen Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht gestellt hatte. Nach dessen Eingang hatte das Gericht das Bezirksamt Reinickendorf dazu verpflichtet, bis 18. Juli sämtliche Verwaltungsvorgänge offen zu legen und den Antrag zu erwidern.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, sprach am Freitag von einem „ersten Erfolg“. Dies sei ein „Signal für die faire Aufteilung des knappen Verkehrsraumes gerade auch für die in Berlin viel zu häufig unter die Räder kommenden Radfahrer. Unmittelbar vor der vom Gericht gesetzten Frist lenken Bezirk und Senat ein. Der Erfolg in Reinickendorf bestätigt eindeutig: Der von Verkehrssenatorin Manja Schreiner verhängte Radwegestopp ist rechtswidrig.“
Bisher wurden für die Radfahrstreifen in der Ollenhauerstraße 180.378 Euro und fünf Cent ausgegeben, teilte die neue Mobilitäts-Staatssekretärin Claudia Elif Stutz (CDU) der Grünen-Abgeordneten Oda Hassepaß auf eine Anfrage hin mit. Der Bund hat zugesagt, über das Förderprogramm Stadt und Land drei Viertel zu tragen – rund 135.000 Euro.
„Die Maßnahme unterstützt die Sicherheit und Leichtigkeit des Fußverkehrs und erhöht die Sicherheit und Leichtigkeit des Radverkehrs“, so Stutz. Das Bezirksamt habe mitgeteilt, dass die Arbeiten an dem Radfahrstreifen „im Hinblick auf die Anlage von Lieferzonen nicht beendigt worden sind“. Geplant sei, den jeweils links neben den Radverkehrsanlagen gelegenen Fahrstreifen während verkehrsarmer Zeiten zum Parken freizugeben.
Es eilt: Bundes-Sonderprogramm endet im Dezember 2023
Das Konzept für den Radweg entstand in der Verantwortung der Grünen-Politikerin Korinna Stephan, damals Stadträtin für die Straßen. Die Grünen im Bezirk befürchten nun, dass der Stopp des Projekts auch der Wirtschaft schadet, die auf Lieferbereiche angewiesen ist. „Offensichtlich wurden der Bau der Ladezone und die Planung für das Parken auf dem Mittelstreifen angehalten, um anschließend das Projekt insgesamt zu torpedieren“, so der Bezirksverordnete Jens Augner.
„Die Sperrung des fertig markierten Radweges auf der Ollenhauerstraße ist nicht nachvollziehbar. Die Verkehrssicherheit kommt unter die Räder. Eins ist klar: Die Sperrung eines sicheren Radwegs führt nicht dazu, dass Menschen auf dem Rad sicher unterwegs