In einem emotionalen und aufschlussreichen Interview hat Ricarda Lang, die scheidende Vorsitzende der Grünen, nach ihrem erwarteten Rücktritt die Öffentlichkeit informiert. In der ARD-Sendung „Konfrontation: Markus Feldenkirchen trifft Ricarda Lang“, die am Montag ausgestrahlt wird, öffnete sie das Kapitel ihrer politischen Reise und reflektierte über die Herausforderungen ihrer Partei. „Wir befinden uns gerade in der wahrscheinlich tiefsten Krise, die unsere Partei bisher erlebt hat“, gestand die Noch-Chefin und kündigte an, dass es Zeit sei, Platz für frische Ideen zu machen.
Der Rücktritt, so Lang, war keine Entscheidung eines anderen, wie viele spekulierten, sondern eine, die sie selbstbewusst und aus eigener Überzeugung getroffen hatte: „Das war meine eigene Idee, ich habe das selbstbestimmt entschieden.“ Besonders das enttäuschende Resultat der Grünen bei der Landtagswahl in Brandenburg war für sie ausschlaggebend. „Ich hatte nicht mehr das Gefühl, dass wir in der Lage sind, die Partei aus dieser Krise zu führen“, erklärte sie. Ein bemerkenswerter Moment, in dem sie den Mut bewies, sich selbst als Teil des Problems zu erkennen.
Kein Druck von oben
„Ich finde es unpassend, dass gerade bei einer jungen Frau so getan wird, als bräuchte sie einen Architekten, einen Strippenzieher, um so eine Entscheidung zu treffen. Ich treffe meine Entscheidung schon alleine,“ betonte sie. Lang warnte zudem davor, das kollektive Teamgefühl in der Partei zu verlieren, während sie die Bedeutung einer starken Führungsperson unterstrich: „Ich glaube, das wäre der falsche Weg.“
Kritik und Lösungen
Voller Klarheit äußerte sich Lang über die strategische Neuausrichtung der Grünen. Sie betonte: „Wir reden gerade bei den Grünen viel darüber, ob man in den nächsten Jahren in die Breite gehen will oder nicht.“ Lang ist besorgt, dass die Partei als „Elitenprojekt“ wahrgenommen wird und konsequent den Kontakt zur breiten Bevölkerung verliert. „Gerade werden wir Grüne stärker als Elitenprojekt wahrgenommen als lange Zeit davor,“ erklärte sie und benannte zentrale Ursachen für ihre Unzufriedenheit: die wachsende Entfremdung zwischen den politischen Akteuren und der Bevölkerung sowie die wiederholten Wahlniederlagen der Grünen.
„Wenn bei den Menschen das Gefühl ankommt, dass wir nicht mal mehr den Schuss hören, dann führt das zum Vertrauensverlust,“ warnte Lang. Sie sieht ihren Rücktritt als eine Chance für die Partei, sich neu zu positionieren und die künftigen Herausforderungen besser zu meistern.
Mit einem offenen Blick gestand Lang auch ihre eigenen Fehler ein: „Ich bin in diesen Vorstand gegangen, um das soziale Profil zu schärfen. Den Menschen mit mittlerem und kleinem Einkommen wollte ich zeigen, dass wir für sie da sind. Das ist mir nicht gelungen.“ Diese ehrliche Selbstkritik zeigt, wie sehr sie für ihre Zielgruppe kämpfen wollte. “Ja, natürlich. Ich habe die letzten Jahre unfassbares Herzblut in diesen Laden gesteckt,” fügte sie mit emotionalem Nachdruck hinzu und unterstrich so den Schmerz über ihren Rückzug.
Lang will jedoch nicht einfach aufgeben. „Aus der Politik verabschiede ich mich nicht. Ich werde wieder für den Bundestag kandidieren und weiterhin politisch gestalten,“ bekräftigte sie entschlossen. Ihre Standhaftigkeit und Entschlossenheit sind klar und zeugen von ihrer Leidenschaft für die politische Arbeit.
Heftige Worte richtete sie auch an CSU-Chef Markus Söder. „Markus Söders Meinungen haben die Halbwertszeit von einem durchschnittlichen Joghurt," stellte sie fest und deutete an, dass Söder vor allem auf kurzfristigen politischen Erfolg bedacht sei. Ihre Beobachtungen zur aktuellen politischen Lage in Deutschland und den Akteuren darauf zeugen von ihrer klaren Analyse und dem Wunsch nach Verantwortung statt Machtspielchen.
Die ARD-Sendung über die erste öffentliche Äußerung Langs nach ihrer Rücktrittsankündigung wird am Montag, den 30. September um 22:50 Uhr im Ersten ausgestrahlt und ist bereits ab 18:00 Uhr in der ARD Mediathek verfügbar.