Das Vorkaufsrecht als Instrument zum Schutz von Mieterinnen und Mietern ist aktuell in der Weichselstraße 52 in Neukölln in Gefahr. Das Unternehmen Hansereal hat das Haus gekauft, und die Mieterinnen und Mieter befürchten, dass hier in Zukunft aufgewertet wird und die Wohnungen einzeln verkauft werden sollen. Auch der Bezirk Neukölln sieht diese Entwicklung kritisch und möchte sein Vorkaufsrecht für das Gebäude ausüben.
Das Vorkaufsrecht ermöglicht es dem Bezirk, einen gemeinwohlorientierten Dritten an die Stelle des eigentlichen Käufers zu setzen. Allerdings ist dies seit 2021 nur noch bei deutlichen städtebaulichen Missständen möglich, wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat.
Die Mieterin einer Wohnung in der Weichselstraße zeigt auf die Mängel im Haus, wie zum Beispiel undichte Dächer, bröckelnden Putz und einen absinkenden Keller. Trotz dieser Mängel ist der Preis für das Haus vergleichsweise günstig, da es für drei Millionen Euro angeboten wird – 1500 Euro pro Quadratmeter. Andere Häuser in Neukölln wurden zu einem deutlich höheren durchschnittlichen Quadratmeterpreis verkauft.
Die Suche nach einem gemeinwohlorientierten Käufer gestaltet sich jedoch schwierig, da dieser bereit sein muss, die Mängel im Haus zu beseitigen. Bisherige Genossenschaften und Stiftungen haben bereits abgesagt, da der Kauf aufgrund der aktuellen Zinsen nicht zu stemmen sei. Auch landeseigene Wohnungsunternehmen stehen einem Ankauf von sanierungsbedürftigen Immobilien ablehnend gegenüber.
Ohne Zuschüsse vom Land wird es schwierig, den Vorkauf zu realisieren. Daher setzen die Mieterinnen und Mieter auch auf politischen Druck, um den Senat dazu zu bewegen, seine Unterstützung zuzusichern. Bezirksstadtrat Jochen Biedermann hat sich bereits an Finanzsenator Stefan Evers gewandt, und die Prüfung läuft.
Die Mieterinnen und Mieter arbeiten unter Hochdruck daran, einen gemeinwohlorientierten Käufer zu finden. Die Zeit drängt, da bis Mitte September eine Entscheidung getroffen werden muss. Die Mieterinnen und Mieter stehen zusammen und lassen sich nicht verdrängen. Bezirksstadtrat Biedermann betont in einem Grußwort an die Mieter, dass gerade in Häusern in einem schlechten Zustand immense Mieterhöhungen drohen, wenn die Eigentümer wechseln.
Auch für die Gewerbeeinheiten im Haus, einen Kiezladen und ein kleines Museum, besteht die Gefahr der Verdrängung. Diese haben keinen Milieuschutz. Die Betreiberin des Museums betont, dass mit einem Investor als Eigentümer die Miete deutlich steigen würde. Sie beobachtet bereits seit Jahren, wie alte Geschäfte in der Straße verschwinden.
Selbst wenn eine kauf- und sanierungswillige Genossenschaft gefunden wird, besteht immer noch die Möglichkeit, dass das Haus an die Hansereal verkauft wird. Diese kann bis zum letzten Tag der Frist für das Vorkaufsrecht eine Abwendungsvereinbarung unterzeichnen. Hierbei verpflichtet sie sich, das Haus nicht in Eigentumswohnungen aufzuteilen und den Mietern keine Modernisierungen in Rechnung zu stellen. Allerdings müssten umfangreiche Sanierungsauflagen erfüllt werden.
Der schlimmste Fall für die Mieterinnen und Mieter zeigt sich bereits an der Kreuzung von Rigaer- und Liebigstraße in Friedrichshain, wo Wohnungen in Eigentumswohnungen aufgeteilt wurden. Die Mieterinnen und Mieter berichten, dass die Preise pro Quadratmeter nun über 5000 Euro liegen. Zudem gibt es Verbindung der Hansereal mit der AfD, was den Mietern zusätzlichen Ansporn gibt, für den Erhalt ihres Hauses zu kämpfen.
Die Mieterinnen und Mieter in der Weichselstraße setzen alles daran, ihre Rechte zu wahren und politischen Druck auszuüben, um das Vorkaufsrecht auszuüben und den Verkauf an die Hansereal zu verhindern. Es bleibt abzuwarten, ob es ihnen gelingt, einen gemeinwohlorientierten Käufer zu finden und somit die Vielfalt der Hausgemeinschaft zu bewahren.