Im polnischen Stettin steht die Gynäkologin Maria Kubisa im Mittelpunkt eines aufsehenerregenden Prozesses, der am Mittwoch fortgesetzt wird. Die Ärztin wird beschuldigt, in sechs Fällen während der Corona-Pandemie Frauen bei Schwangerschaftsabbrüchen unterstützt zu haben, was gegen das strenge polnische Abtreibungsrecht verstößt. Ihr drohen bis zu drei Jahre Haft, da in Polen der Schwangerschaftsabbruch nur in Ausnahmefällen wie Vergewaltigung oder bei Lebensgefahr für die Frau legal ist. Angesichts der restriktiven Gesetzgebung haben viele Polinnen, die unerwünscht schwanger wurden, vermehrt Hilfe in Deutschland gesucht, wie taz.de berichtete.
Die Anklage, die sich gegen Kubisa richtet, basiert auf Informationen aus beschlagnahmten Patientenakten. In der Vergangenheit wurden bereits mehr als 6.000 Akten in ihrer Stettiner Praxis konfisziert, was von einem polnischen Gericht als illlegal eingestuft wurde. Ein Freispruch könnte drohen, falls das Bezirksgericht diese Einschätzung teilt. Die Vorwürfe könnten sich als komplex erweisen, da im Falle einer tatsächlichen Gefährdung der Gesundheit der Schwangeren die Abbrüche nach polnischem Recht gedeckt wären. Im Prozess wurde zudem angekündigt, weitere Zeugen zu vernehmen, was die Unsicherheit über den Ausgang des Verfahrens erhöht, da viele die Anklage als politisch motiviert betrachten.
Schlechte Lage für Frauen in Polen
Die abtreibungsfreundliche Unterstützung durch Ärzte in Deutschland, wie durch Kubisa und den Arzt Janusz Rudzinski, wird in Polen stark kriminalisiert. Ihre Angebote sind unter den strengen Abtreibungsgesetzen oft der einzige Ausweg für Frauen in Not. Rudzinski, der ebenfalls vor Gericht steht, kritisiert die „mittelalterlichen“ Gesetze in Polen und verweist auf die lebensbedrohlichen Situationen, in denen sich viele Frauen befinden. Nach Berichten haben seit 2020 mindestens sechs Schwangere ihr Leben verloren, weil ihnen die nötige medizinische Hilfe verweigert wurde. Trotz der rechtlichen Risiken bleibt Rudzinski optimistisch: „Ich werde weiterhin alles tun, was mit deutschem Recht vereinbar ist, um zu helfen,“ so seine klare Position. Der Druck auf Mediziner im Grenzgebiet bleibt angesichts der politischen Entwicklungen in Polen hoch, besonders da eine Lockerung des Abtreibungsrechts angestrebt wird, aber auf Widerstand stößt.
Die Diskussion um die Abtreibungsgesetze wird also nicht nur in den Gerichtssälen, sondern auch politisch in Polen entschieden. So wird der Fall von Maria Kubisa zum Symbol für den Kampf um die Selbstbestimmung von Frauen und die notwendige medizinische Unterstützung in kritischen Situationen, die oft über Leben und Tod entscheiden.