Neuwahl des Parlaments: Auswirkungen auf Frankreich und Europa
Paris, Frankreich – Die Bürgerinnen und Bürger Frankreichs nahmen am Sonntag, dem 12. Juni 2022, an der entscheidenden Runde der Parlamentsneuwahl teil. Diese Wahl könnte die politische Landschaft des Landes grundlegend verändern und hat großes internationales Interesse geweckt.
Bereits am frühen Abend lag die Wahlbeteiligung bei bemerkenswerten 59,71 Prozent, wie das Innenministerium bekanntgab. Dieser Wert übersteigt die Beteiligung zur gleichen Zeit im Jahr 2022 um mehr als zwanzig Prozentpunkte. Eine solche Wahlbeteiligung wurde seit 1997 nicht mehr verzeichnet.
Spannung und Sicherheitsvorkehrungen in Paris
Auf der Champs-Elysées in Paris wurden Geschäfte verbarrikadiert, um sich vor möglichen Ausschreitungen zu schützen. Innenminister Gérald Darmanin verkündete, dass 30.000 Polizisten landesweit mobilisiert wurden, wobei allein in der Hauptstadt und ihren Vororten 5000 Beamte im Einsatz sind.
Historischer Rechtsruck: Impakt auf Europa
Die erwarteten Gewinne des Rassemblement National (RN) unter Marine Le Pen deuten auf einen historischen Rechtsruck hin, der nicht nur Frankreich, sondern auch die europäische Politik beeinflussen könnte. Umfragen prognostizieren, dass das RN zwischen 205 und 240 Sitze erlangen könnte. Obwohl sie die absolute Mehrheit von 289 Sitzen verfehlen, wäre dies ein beispielloser Erfolg für die Partei.
Makron's politisches Schicksal und mögliche Kohabitation
Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte die Nationalversammlung nach dem Sieg von Le Pens Partei bei der Europawahl Anfang Juni aufgelöst. Nun könnte er vor einer erheblichen politischen Niederlage stehen. In den aktuellen Prognosen rangiert seine Mitte-Koalition nur auf dem dritten Platz. Sollte das Rassemblement National eine relative Mehrheit erreichen, könnte eine Kohabitation drohen – das Regieren mit einem Premierminister aus den Reihen der Rechten, wie RN-Chef Jordan Bardella.
Konservative als potenzielle Königsmacher
Eine Koalition mit den bürgerlich-konservativen Républicains könnte für das RN entscheidend sein. Der Parteivorsitzende Éric Ciotti hatte ohne breite Parteizustimmung eine Kooperation mit Le Pens Partei vorgeschlagen, jedoch folgte ihm nur eine kleinere Gruppe von Abgeordneten. Diese Spaltung könnte die Machtverhältnisse im Parlament stark beeinflussen.
Zukunftsperspektiven und möglicher politischer Stillstand
Ein Zusammenschluss der meisten anderen Parteien gegen das RN könnte zur Folge haben, dass keine stabilen Koalitionen gebildet werden können. Sollte dies der Fall sein, könnte Frankreich in eine Phase des politischen Stillstands eintreten, wobei Übergangs- oder Expertenregierungen ohne Mehrheit wenig Handlungsspielraum hätten.
Die letzten Wahllokale werden um 20.00 Uhr schließen, zu diesem Zeitpunkt werden auch die ersten Hochrechnungen erwartet. Unabhängig vom Ausgang der Wahl wird Premierminister Gabriel Attal vorerst geschäftsführend im Amt bleiben, bis die zukünftige Regierung gebildet ist.
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