In der beschaulichen bayerischen Gemeinde Seeon brodelt es. Bürger aus verschiedenen Ortschaften, insbesondere aus dem nahegelegenen Rott am Inn, versammelten sich, um gegen die geplanten Flüchtlingsunterkünfte in ihrer Gegend zu protestieren. Hintergrund des Aufruhrs: In Rott am Inn, einem Dorf mit rund 4000 Einwohnern, sollen 500 Migranten untergebracht werden. Das entspricht mehr als zehn Prozent der Gesamtbevölkerung des Ortes.
Vor dem Tagungsort der Landräte, die sich zur jährlichen Konferenz des Deutschen Landkreistages trafen, machten die Demonstranten ihrem Unmut Luft. „Herr Söder, Sie haben die Macht, das zu beenden“, hieß es auf einem der Plakate der Bürgerinitiative „Rott rottiert“. Weiter wurde darauf hingewiesen: „Bürger haben immer noch Angst“. Die Initiative kritisiert, dass ein solch kleiner Ort mit dieser Menge an Migranten überfordert sei. Heike Bachert, Sprecherin der Initiative, betonte, dass die Migranten in einer ehemaligen Produktionshalle untergebracht werden sollen, was ihrer Meinung nach keine menschenwürdige Lösung darstellt. Sie fordert eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge auf mehrere kleinere Orte. Diese Bedenken richtete sie auch direkt an Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Er hatte vor rund sechs Monaten versprochen, dass es zu dieser Unterkunft nicht kommen werde.
Gegensätzliche Standpunkte
Doch es gibt auch andere Meinungen in der Region. Der „Initiativkreis Migration Rosenheim“ möchte ein Zeichen für Vielfalt setzen und sich gegen jegliche Hetze positionieren. Diese Gruppe stellt sich gegen die kritischen Stimmen und unterstützt die geplante Unterbringung der Migranten.
Parallel zu den Protesten der Bürger beschäftigt sich auch die Jahrestagung des Deutschen Landkreistages im Kloster Seeon intensiv mit dem Thema Migrationspolitik. Das Treffen der Landräte fand am 9. und 10. September statt. Ministerpräsident Markus Söder forderte dabei eine deutliche Reduzierung der Zuwanderung und plädierte für verschärfte Grenzkontrollen, ähnlich den Maßnahmen in Dänemark. „Was in Dänemark geht, muss bei uns am Ende auch gehen“, sagte Söder entschieden. Zudem wies er darauf hin, dass auch rechtlich Zurückweisungen an den Grenzen möglich seien.
Diese Forderungen wurden von Bundesinnenministerin Nancy Faeser unterstützt, die bereits am Montag vorübergehende Grenzkontrollen an allen deutschen Landgrenzen als Maßnahme gegen irreguläre Migration angeordnet hatte. Zusätzlich erklärte sie, dass die Bundesregierung an einem Modell arbeite, das über die bisherigen Möglichkeiten zur Rückweisung von Geflüchteten hinausgehe. Die Union stimmte ebenfalls zu und sagte ihre Teilnahme an einem geplanten Migrationsgipfel mit der Ampelkoalition und den Vertretern der Länder zu. Sie forderte zudem mehr Abschiebearrestplätze, mehr Rückführungsverträge mit Drittstaaten und eine Reduzierung von sozialen Anreizfaktoren für die Migration.
Forderungen von verschiedenen Seiten
Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages, äußerte ebenfalls deutliche Kritik und forderte eine merkliche Reduzierung der irregulären Zuwanderung. „Der Bund lässt jede Konsequenz bei Begrenzung, Ordnung und Steuerung bisher vermissen“, erklärte Sager. Er betonte, dass erst dann, wenn die Bevölkerung in Deutschland spüre, dass sich nachhaltig etwas verändere, auch andere Wahlergebnisse folgen würden. Trotz leicht rückläufiger Asylzahlen sei die Belastung in den Landkreisen weiterhin viel zu hoch.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wurde in diesem Zusammenhang kritisiert. Vergangenes Jahr hatte er eine groß angelegte Rückführungsoffensive angekündigt, doch bisher seien nur minimale Fortschritte, die von einigen als „Micky-Maus-Maßnahmen“ bezeichnet wurden, erreicht worden. Sager schloss mit der Bemerkung, dass es kein Wunder sei, dass die Menschen das Vertrauen in die aktuelle Politik verlieren.
Für eine detaillierte Betrachtung des Falls, siehe den Bericht auf www.welt.de.