Tod nach Polizeieinsatz: Ombudsstelle erhebt schwere Vorwürfe gegen Polizei
Der Fall Mutombo in Berlin-Spandau wirft Fragen zu Polizeiarbeit und Diskriminierung im Umgang mit psychisch kranken Menschen auf.

Tod nach Polizeieinsatz: Ombudsstelle erhebt schwere Vorwürfe gegen Polizei
Der Tod von Kupa Illunga Medard Mutombo hat in Berlin für große Empörung gesorgt und wirft ernsthafte Fragen zum Umgang der Polizei mit Menschen in psychischen Krisen auf. Der Vorfall fand am 14. September 2022 in Berlin-Spandau statt, als Mutombo nach einem Polizeieinsatz ins Koma fiel und drei Wochen später, am 6. Oktober 2022, im Krankenhaus starb. Mutombo litt an paranoider Schizophrenie und sprach kein Deutsch. Er lebte in einer betreuten Einrichtung und war aufgrund seines Gesundheitszustands für eine geschlossene psychiatrische Unterbringung vorgesehen. Der Einsatz wurde von der Polizei ohne Dolmetscher und psychiatrische Unterstützung durchgeführt, was von der Ombudsstelle scharf kritisiert wird. Diese gehört zur Senatsverwaltung für Arbeit und Soziales und erhebt zudem schwere Vorwürfe gegen die Berliner Polizei, die verpflichtende Richtlinien im Umgang mit psychisch kranken Menschen nicht einhält. Neben der formalen Aufklärung fordern sie eine Entschuldigung bei Mutombos Familie und mindestens 45.000 Euro Entschädigung, wie Welt berichtet.
Schon während des Einsatzes wurde Mutombo fixiert, was in Bauchlage das Risiko eines tödlichen Sauerstoffmangels erhöhte. Laut dem Obduktionsbericht starb er an durch Sauerstoffmangel bedingtem Hirnschaden. Dieser tragische Vorfall zeigt nicht nur eine potenzielle Pflichtverletzung seitens der Polizei, sondern wirft auch Fragen über tiefere strukturelle Defizite im Umgang mit psychisch kranken Menschen auf. Solche Einsätze sind für die Polizist:innen oft emotional belastend, wobei das Wissen über psychische Störungen und deren Umgang oft unzureichend verbreitet ist, so der Polizeiexperte Martin Thüne von der Thüringer Fachhochschule für öffentliche Verwaltung. Der Polizeialtag erfordere ein schnelles Handeln, wobei richtiger Umgang mit psychisch belasteten Personen kaum gelehrt werde, was die Wahrscheinlichkeit von Fehlentscheidungen erhöht.
Strukturelle Defizite und notwendige Reformen
Die Ombudsstelle bemängelt, dass bei dem Einsatz keine externe psychiatrische Hilfe hinzugezogen wurde. Stattdessen wurden die Beamten in einer stressreichen Situation allein gelassen, ohne dass adäquate Vorbereitungen getroffen wurden. Ihre Kritik richtet sich auch darauf, dass die Polizei möglicherweise diskriminierend handelte, indem sie Mutombos Behinderung und seine Sprachbarriere nicht berücksichtigte. Der Vorfall habe damit gegen das Diskriminierungsverbot des Landesantidiskriminierungsgesetzes (LADG) verstoßen.
Martin Thüne weist darauf hin, dass der Umgang mit psychisch kranken Menschen in der Ausbildung der Polizei stark variiert und oft vernachlässigt wird. Es seien strukturelle Veränderungen nötig, um sicherzustellen, dass die Ausbildung von Polizisten standardisierte Richtlinien umfasst, die den spezifischen Anforderungen in der Arbeit mit psychisch belasteten Individuen Rechnung tragen. Dazu gehören unter anderem verbindliche Schulungen, die auch Signale von psychischen Ausnahmesituationen identifizieren helfen sollen, wie verwaschene Sprache oder körperliche Anzeichen von Anspannung.
Der Fall von Kupa Illunga Medard Mutombo stellt somit nicht nur eine persönliche Tragödie dar, sondern wirft auch grundlegende Fragen zur Sicherheit und Verantwortung der Polizei im Umgang mit vulnerable Gruppen auf. Die anhaltenden Ermittlungen gegen fünf Polizeibeamte machen deutlich, dass die Aufarbeitung noch lange nicht abgeschlossen ist. Der Wunsch nach einer umfassenden Entschuldigung und Entschädigung spiegelt den Schrei nach Gerechtigkeit wider – für Mutombo und viele andere, die im Schatten der Gesellschaft stehen. Weitere Informationen zu den Hintergründen des Geschehens und den Forderungen der Ombudsstelle sind in den Berichten von rbb24 und taz zu finden.