In der Kreistagssitzung des Landkreises Gießen am 3. April 2025 sorgte eine Entscheidung des Kreistagsvorsitzenden Claus Spandau (CDU) für große Aufregung. Desiree Becker, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Gießener Linken und Bundestagsabgeordnete, wurde das Wort entzogen, da Spandau der Meinung war, Becker habe nicht zur Sache gesprochen. Becker hatte zu Protesten gegen die CDU-Politik in der Zuwanderung Stellung genommen, was nach wenigen Minuten ihren Ausschluss aus der Debatte zur Folge hatte. Diese Entscheidung wurde von der Kreislinken heftig kritisiert, da sie die Notwendigkeit von Beckers Aussagen im Rahmen der Haushaltsdebatte betonen. Die Debatte war zudem von den Protesten von über 1000 Menschen vor dem CDU-Büro in Gießen begleitet, was die Relevanz des Themas Zuwanderung für den Landkreis unterstreicht, der für die Unterbringung und Integration zuständig ist. Reinhard Hamel, Fraktionsvorsitzender der Gießener Linken, zeigte sich ebenso besorgt über das Fehlen objektiver Kriterien für derartige Entscheidungen und stellte die Frage, was in einer Generaldebatte tatsächlich zur Sache gehört.
Spandau verteidigte sein Vorgehen vehement und erklärte, dass Becker mehrere Ordnungsrufe ignoriert habe. Er betonte zudem, dass für die Fraktion „Die Linke“ kein Nachteil durch den Entzug des Wortes entstanden sei, da ein anderer Fraktionskollege die Inhalte von Becker übernommen habe, was Fragen zur demokratischen Praxis aufwirft. Becker hat gegen diese Entscheidung Einspruch eingelegt und zeigt sich entschlossen, ihre Position zu verteidigen.
Interne Konflikte in der Gießener Linken
Die Situation der Gießener Linken ist nicht nur extern angespannt, sondern auch von internen Konflikten geprägt. Bei der letzten Landtagswahl erzielte die Partei lediglich 2,2 Prozent. Direktkandidat Sebastian Weismann trat am Wahlabend sogar aus der Partei aus, was die ohnehin schwierige Situation zusätzlich verschärfte. Desiree Becker, die Vorsitzende der Kreislinken, hofft auf eine baldige Mitgliederversammlung in der kommenden Woche zur Neuwahl des Vorstands. Aktuell sind nur drei der bisherigen Vorstandsmitglieder noch aktiv, und eine Reihe von Austritten hat das Team stark dezimiert.
Meric Uludag, ein ehemaliges Vorstandsmitglied, erhebt schwere Vorwürfe gegen Becker. Er spricht von Ausgrenzung von Mitgliedern und mangelnder Kommunikation im Vorstand. Uludag merkt an, dass das Vertrauen in die Führung der Partei innerhalb weniger Monate vollständig zerstört wurde und kritisiert Beckers Kommunikationsstil, der sich stark auf Textnachrichten fokussiere, während das kollektive Arbeiten leidet. Mehrere Mitglieder, darunter auch der ehemalige Co-Vorsitzende Stefan Häbich, haben die Partei infolgedessen verlassen. Angesichts dieser internen Schwierigkeiten bezeichnet Becker sich selbst als „Sündenbock“ und vermutet, dass es darum geht, die Linke zu diskreditieren.
In einem offenen Eingeständnis räumt Becker zudem ein, dass der Vorstand kaum handlungsfähig sei und sie sich nicht traute, Mitgliederversammlungen einzuberufen. Trotz der schwierigen Situation kündigt sie jedoch an, erneut als Vorsitzende zu kandidieren und die Linke wieder aufbauen zu wollen. Die aktuellen Entwicklungen werfen ein Licht auf die Herausforderungen, mit denen die Partei konfrontiert ist, sowohl in der Öffentlichkeit als auch innerhalb ihrer eigenen Strukturen.