
In Berlin wurden in den letzten sechs Jahren insgesamt mindestens 16 Straßen und Plätze umbenannt. Diese Maßnahmen sind Teil einer größeren Initiative, die sich mit der kritischen Aufarbeitung von Namensgebern beschäftigt, die kolonialistische, rassistische, antisemitische oder NS-Bezüge aufweisen. Mehr als ein Dutzend Straßenumbenennungen wurden bislang durchgeführt, um sowohl historische Ungerechtigkeiten zu reflektieren als auch Gedenken zu schaffen. Die Mehrheit dieser Umbenennungen fand laut n-tv im Bezirk Mitte statt, gefolgt von Neukölln und Charlottenburg-Wilmersdorf.
Zu den symbolisch aufgeladenen Umbenennungen gehört die Umbenennung der Wissmannstraße in Lucy-Lameck-Straße in Neukölln im Jahr 2021. Auch in Mitte wurden in den letzten Jahren einige Straßen umbenannt, darunter die Petersallee, die in Anna-Mungunda-Allee und Maji-Maji-Allee umgewandelt wurde. Die Lüderitzstraße erhielt den Namen Cornelius-Fredericks-Straße, während der Nachtigalplatz zu Manga-Bell-Platz wurde. Neueste Umbenennungen betreffen den Maerckerweg, der nun Maria-Rimkus-Weg heißt, und den Elkartsweg, der zum Erna-Koschwitz-Weg umbenannt wurde.
Ursprung der Umbenennungen
Die Umbenennungen sind durch die Erweiterung der Ausführungsvorschriften des Berliner Straßengesetzes im Jahr 2020 möglich geworden. Diese Vorschriften ermöglichen es, Straßen umzubenennen, die nach Personen oder Begriffen benannt sind, die mit Kolonialismus, Sklaverei oder rassistischen Ideologien in Verbindung stehen, wie berlin.de berichtet. Im Bezirk Mitte, wo besonders viele Straßenbetreiber beanstandet wurden, gibt es zahlreiche Organisationen, die sich schon seit den 1980er Jahren für eine kritische Auseinandersetzung mit diesen Bezügen einsetzen.
Ein weiteres Beispiel für die aktuelle Diskussion ist die Mohrenstraße, die seit Jahrzehnten umstritten ist und in Anton-Wilhelm-Amo-Straße umbenannt werden soll. Befürworter einer Umbenennung argumentieren, dass der bestehende Name rassistische Konnotationen aufweist und daher unabdingbar ist, den Namen zu ändern. Zurzeit ist das Verfahren zur Umbenennung jedoch noch nicht abgeschlossen.
Ehrungen und geplante Umbenennungen
Darüber hinaus erfolgten auch Umbenennungen zur Ehrung verstorbener Personen. So wurde 2022 der Heinrichplatz in Rio-Reiser-Platz umbenannt und im Jahr 2023 erhielt ein Teil der Manteuffelstraße den Namen Audre-Lorde-Straße. In Neukölln wurden die Uwe-Lieschied-Straße und die Roland-Krüger-Straße zu Ehren zweier verstorbener Polizisten umbenannt.
In naher Zukunft sind weitere Umbenennungen geplant. Dabei steht beispielsweise die Treitschkestraße in Steglitz-Zehlendorf auf der Liste, um in Betty-Katz-Straße umbenannt zu werden. Die Beuthstraße in Pankow soll in Elizabeth-Shaw-Straße umgetauft werden, während der Nettelbeckplatz in Martha-Ndumbe-Platz umbenannt werden soll.
Umgang mit Antisemitismus
Die Umbenennungen berühren auch das Thema Antisemitismus. Eine Diskussion über Straßen mit judenfeindlichen Bezügen ist im Gange. Beispielsweise wurde der Maerckerweg in Lankwitz kürzlich in Maria-Rimkus-Weg umbenannt. Laut einem Dossier von Samuel Salzborn, dem Ansprechpartner des Landes Berlin für Antisemitismus, existieren mehr als 290 Namen, deren Träger als Antisemiten gelten. Es wird diskutiert, in etwa 100 Fällen eine Umbenennung zu empfehlen, was zu intensiven Debatten in verschiedenen Bezirken führt. Die Zeit beschreibt, dass eine Vielzahl von Initiativen sich mit dieser Problematik auseinandersetzt.
Einigen Straßen wird ein eigener Teil in der zukünftigen Berlin History App gewidmet, ebenso wird ein Geschichtslehrpfad in der Pacelliallee in Dahlem zur weiteren Kontextualisierung der dortigen Straßennamen erstellt.