Berlin (dpa) – Die Clankriminalität bleibt in Berlin ein großes Problem. Das zeigt das aktuelle Lagebild Clankriminalität 2022, das von der Berliner Innenverwaltung veröffentlicht wurde. Im vergangenen Jahr gab es insgesamt 872 Straftaten, die von arabischstämmigen Großfamilien begangen wurden. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl um 23 Fälle.
Ein 22-jähriges Clan-Mitglied steht dabei besonders im Fokus der Ermittlungen. Gegen ihn wurden sage und schreibe 43 Strafverfahren wegen Vorwürfen wie Geldwäsche, Warenbetrug, Raub, Diebstahl und Bedrohung eingeleitet.
Die Liste der Straftaten ist lang und facettenreich. An erster Stelle stehen Betrug mit 125 Fällen, gefolgt von Straftaten im Verkehr mit 122 Fällen und Rohheitsdelikten mit 120 Fällen. Weitere Delikte sind Drogenverstöße (86), Diebstahl/Unterschlagung (65), Bedrohung auch mit Waffen (56), Raub (43) und Geldwäsche (42). Insgesamt gab es auch drei Tötungsdelikte. Zusätzlich wurden 89 Ordnungswidrigkeiten wie zu schnelles Fahren oder Verstöße gegen das Waffengesetz registriert.
Laut dem Lagebild sind nicht alle Mitglieder der Clans kriminell. Vielmehr handelt es sich um diejenigen mit delinquentem Verhalten, die ihre eigenen Normen und Werte über die in Deutschland geltende Rechtsordnung stellen. Im Jahr 2021 wurden insgesamt 303 Verdächtige ermittelt. Insgesamt werden 582 Menschen dem Milieu der Clankriminalität zugeordnet.
Die Statistik zeigt auch die unterschiedliche Staatsangehörigkeit der Verdächtigen. 47,7 Prozent sind deutsche Staatsbürger. Etwa ein Viertel wird als libanesisch (14,95 Prozent) oder deutsch-libanesisch (8,9 Prozent) geführt. Bei 18,7 Prozent ist die Staatsbürgerschaft unklar. Die Ermittler ordnen außerdem türkische (4,8 Prozent) oder deutsch-türkische Staatsangehörige (1,7 Prozent), Syrer (2,1 Prozent) sowie einige Schweden der Clankriminalität zu.
Die Straftaten der Clans machen etwa 0,2 Prozent der gesamten Kriminalität in Berlin aus. Dennoch gehen die Behörden seit Jahren verstärkt gegen diese Gruppen vor. Ein Auslöser dafür war der spektakuläre Raub einer 100 Kilogramm schweren Goldmünze aus dem Bode-Museum im Jahr 2017, an dem Mitglieder einer arabischstämmigen Großfamilie beteiligt waren.
Ein wichtiger Punkt im Kampf gegen die Clankriminalität ist die Abschöpfung von Vermögenswerten, die mutmaßlich aus Straftaten stammen. Dies trifft die Clans härter als Haftstrafen. Im Jahr 2022 wurden in Berlin 160 polizeiliche Kontrollen durchgeführt, bei denen 606 Objekte kontrolliert und 36 davon geschlossen wurden. Dabei wurden Beweismittel wie mutmaßliches Drogengeld, unversteuerte Zigaretten, Betäubungsmittel, Autos, Spielautomaten und Waffen beschlagnahmt.
Allerdings stoßen die Behörden bei der Vermögensabschöpfung an Grenzen. Berlins Innensenatorin Iris Spranger fordert deshalb eine Beweislastumkehr. Verdächtige ohne Einkünfte und Vermögen sollten selbst nachweisen müssen, woher sie das Geld für den Kauf einer teuren Immobilie oder eines Luxus-Autos haben. Das Bundesinnenministerium will diesen Vorschlag prüfen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser unterstützt indes Pläne zur leichteren Abschiebung krimineller Clan-Angehöriger. Für den Kampf gegen organisierte Kriminalität sei es wichtig, gegen die Clankriminalität vorzugehen und den Rechtsstaat zu stärken, so die SPD-Politikerin.
Die Clankriminalität bleibt also eine große Herausforderung in Berlin. Die Behörden setzen auf verstärkte Ermittlungen, Vermögensabschöpfung und Abschiebung krimineller Clan-Angehöriger, um gegen diese Form der organisierten Kriminalität vorzugehen.