Berlin Aktuell

Positionen von Linken, Grünen und CDU-Politikern zum Thema Zwangsräumungen: Sollten psychisch kranke Menschen ausgenommen werden?

Sind psychisch kranke Menschen von Zwangsräumungen auszunehmen? Diese kontroverse Frage sorgt in Berlin für eine lebhafte Debatte. Vor Kurzem bedrohte ein 62-jähriger Mann eine Gerichtsvollzieherin und nahm sich anschließend das Leben. Dieser Vorfall hat die Diskussion über Zwangsräumungen, insbesondere bei psychisch kranken Menschen, erneut entfacht. In diesem Artikel werden die Positionen der Linken, Grünen und CDU-Politiker gegenübergestellt.

Die Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus bringt einen Vorschlag zur Senkung der Zwangsräumungen ins Spiel. Sebastian Schlüsselburg, rechtspolitischer Sprecher der Linken, fordert nach dem Vorfall in Spandau die persönliche Zustellung von Räumungsklagen. Hierbei handelt es sich um ein Modellprojekt, bei dem Räumungsklagen durch Justizbeamte zugestellt werden sollen, um die Mieter auf Hilfsangebote hinzuweisen. Die neue Justizsenatorin Felor Badenberg prüft derzeit dieses Projekt.

Alexander Herrmann, rechtspolitischer Sprecher der CDU, hält diesen Vorschlag für nicht umsetzbar. Er argumentiert, dass dadurch das Verfahren unnötig verzögert würde und der Vermieter benachteiligt wäre. Herrmann betont außerdem, dass der Verlust der Wohnung durch eine Räumung ein langer Prozess sei und Beratungsangebote unterstützen könnten, aber nicht in das Verfahren eingreifen sollten.

Um eine Diskussion zu führen, sind eigentlich konkrete Zahlen über die Entwicklung der Zwangsräumungen notwendig. In Berlin werden die Zugeständnisse von Räumungsklagen nicht statistisch erfasst. Im Jahr 2021 wurden deutschlandweit 29.000 Zwangsräumungen durchgeführt, davon 1.668 in Berlin.

Taylan Kurt, Sprecher für Sozialpolitik und Armutsbekämpfung der Grünen, kritisiert diese Situation und setzt sich dafür ein, dass alle Räumungsklagen nicht nur gerichtlich erfasst werden, sondern auch als Kopie an die Sozialämter geschickt werden. Laut Kurt handelt es sich bei Zwangsräumungen um staatliche Gewalt, die so oft wie möglich verhindert werden sollten. Er betont zudem, dass viele betroffene Mieter psychische Krisen hätten und ihre Post nicht öffnen würden. Ein persönliches Angebot von Sozialarbeitern könne hier einen Unterschied machen.

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Die Zustellung von Räumungsklagen durch Sozialarbeiter war beim Modellprojekt von vornherein nicht geplant und wäre laut Alexander Herrmann von der CDU auch nicht leistbar. Sebastian Schlüsselburg von der Linken hält dagegen: Durch die Brücke an der JVA Plötzensee könne die Justiz Personalstunden einsparen, und es könnten Überlegungen angestellt werden, Mitarbeiter der sozialen Dienste einzubeziehen.

Alle Politiker sind sich jedoch einig, dass bestehende Beratungsangebote ausgebaut werden müssen. Eine Kooperationsvereinbarung zwischen den städtischen Wohnungsbaugesellschaften und den Mietern hat bereits dazu geführt, dass diese bei Kündigungen ein Angebot für Ersatzwohnraum erhalten. Außerdem werden Räumungsklagen erst nach aufsuchender Beratung und dem Versuch, Vereinbarungen mit den Mietern zu treffen, eingereicht. Während Schlüsselburg hier noch Verbesserungsbedarf sieht, spricht Herrmann von einem "freiwilligen Entgegenkommen" seitens der städtischen Wohnungsbaugesellschaften, welches jedoch zu Lasten der anderen Mieter und Steuerzahler gehe.

Franziska Brychcy von den Linken betont die dringende Notwendigkeit, den sozialen Wohnungsbau und die Preisbindung zu stärken. Sie fordert außerdem eine Änderung des Mietrechts auf Bundesebene, da eine Ausweitung der Frist auf Landesebene nicht möglich sei. Im Januar 2022 wurden in Berlin 26.000 wohnungslose Menschen erfasst, wobei die Dunkelziffer vermutlich noch höher liegt. Aufgrund von Mietschulden haben diese Menschen kaum Chancen auf eine neue Wohnung, da Vermieter oft eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung und eine Schufa-Auskunft fordern.

Die Debatte über Zwangsräumungen bei psychisch kranken Menschen ist in vollem Gange. Während die Linken und Grünen auf verbesserte Beratungsangebote und die Involvierung von Sozialarbeitern setzen, betont die CDU die Wichtigkeit von Beratung, aber auch die Mitwirkungspflicht säumiger Mieter. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Diskussion weiterentwickeln wird und ob es zu Änderungen in diesem Bereich kommen wird.

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Daniel Wom

Der in Berlin geborene Daniel Wom ist ein versierter Journalist mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Er hat an der Freien Universität Berlin Journalistik und Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Daniel hat für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und ist bekannt für seine tiefgründigen Analysen und klaren Darstellungen komplexer Sachverhalte. Er ist Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband und hat mehrere Auszeichnungen für seine exzellente Berichterstattung erhalten. In seiner Freizeit erkundet Daniel gerne die vielfältige Kulturszene Berlins und ist leidenschaftlicher Webentwickler.

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