Berlin Aktuell

Nach den Herbstferien beginnt der Schulalltag in Berlin und die Sorgen um Antisemitismus und Gewalt nehmen zu

Es ist erst wenige Tage her, da sagte Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch: „Wir haben momentan eine Verschnaufpause an den Schulen.“ Es klang gleichermaßen erleichtert wie angespannt. Diese Verschnaufpause ist jetzt vorbei – für die Senatorin, aber vor allen Dingen für die Schülerinnen und Schüler, die Lehrerinnen und Lehrer der insgesamt 840 allgemeinbildenden Schulen in der Hauptstadt: Am Montag ist erster Schultag nach den Herbstferien.

Von den knapp 400.000 Berliner Schülern werden viele in den vergangenen zwei Wochen eine schöne Zeit gehabt und sich erholt haben, vielleicht sogar gereist sein. Zehntausende aber werden in dieser Zeit erneut mit dramatischen und traumatisierenden Bildern, Gesprächen und Eindrücken konfrontiert worden sein. Sie werden immer mit mindestens einem Ohr und einem Auge auf die Entwicklungen im Nahen Osten geachtet haben: Wie geht es den Familien, Freunden, Bekannten? In Israel und in Gaza.

Zuvorderst sind da die jüdischen Kinder und Jugendlichen Berlins, die sich in einer antisemitisch aufgeladenen Umgebung bewegen müssen, wie sie so explosiv und bedrohlich in den vergangenen 78 Jahren in der deutschen Hauptstadt nicht zu spüren war. Und dann natürlich die arabischen Kinder und Jugendlichen Berlins, von denen viele mit Trauer, Angst und vor allem mit Zorn aufwachsen.

Schon vor den Ferien zeigte sich, wie sich der Krieg in Berlin auswirkt. Viele Schulen meldeten antisemitische Propaganda im Unterricht und auf den Schulhöfen. An der Ernst-Abbe-Schule in Neukölln wurde ein Lehrer geprügelt, als er einem Jugendlichen das Schwenken einer palästinensischen Flagge verbieten wollte.

Die Bildungssenatorin von der CDU hat kurz darauf den Berliner Schulen einen Leitfaden an die Hand gegeben, für Rechtssicherheit gesorgt, wie sie es nennt: Wann dürfen die Schulleitungen eingreifen? Was ist demnach nicht erlaubt? Die Antwort ist kurz: Alles, was den Schulfrieden stört. Dazu könne im Zweifel auch das Zeigen einer Flagge oder anderer Symbole wie etwa einem Palästinenser-Tuch zählen.

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Um es unmissverständlich zu sagen: Antisemitismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Wer hier lebt, muss sich an hiesige Regeln halten. Sonst muss er entweder mit den Mitteln des Rechtsstaats verfolgt werden oder – so er kein Deutscher ist – das Land verlassen.

Und es ist natürlich richtig, den Schulfrieden zu schützen. Nur in einer einigermaßen befriedeten Atmosphäre ist es möglich, überhaupt ins Gespräch zu kommen. Darüber, dass es viele unterschiedliche Perspektiven und Haltungen zum Krieg in Nahost gibt – und dass man in der multiethnischen Stadt Berlin mit diesen Unterschieden leben muss. Weil es nicht anders geht.

Aber gleichzeitig sind Sanktionen allein nicht genug. So bleiben drängende Fragen: Wo ist die Einlösung des – völlig richtigen – Spruchs von Kai Wegner, dass es „Berliner Jungs“ seien, die da auf den propalästinensischen Demonstrationen unterwegs seien und die man „erreichen“ müsse? Wie will er sie erreichen? Und was tut seine Parteifreundin Günther-Wünsch, die auch für außerschulische Präventionsarbeit zuständig ist, dafür, den Zusammenhalt zu stärken und zu betonen?

Was bedeutet es also, wenn der Regierende Bürgermeister immer wieder sagt, die Stadt dürfe sich „nicht spalten“ lassen? Wie positioniert sich Wegners CDU? Wenn der Innenpolitiker Burkard Dregger sagt, dass er alle Präventivmaßnahmen gegen Antisemitismus der vergangenen Jahre und Jahrzehnte für gescheitert hält, klingt das zunächst wie eine drastische Momentaufnahme. Doch die Ergebnisse von Präventionsarbeit sind nicht messbar. Auf jeden Fall braucht es Anstöße, Initiativen, Vorschläge dafür, was zu tun ist. Repression allein reicht nicht aus. Die Politik muss agieren, darf nicht nur reagieren und am Ende sogar resignieren.

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Und dies noch zur Kufiya oder Kefije, dem Pali-Tuch, wie leger gesagt wird. Der langjährige Palästinenser-Führer Yasser Arafat hat die traditionelle Kopfbedeckung vieler arabischer Gemeinschaften einst auch in der westlichen Welt, die sich von seinem antikolonialen Duktus einnehmen ließ, populär gemacht. Arafat war je nach Lesart Freiheitskämpfer oder Terrorist, später Politiker, dann sogar Friedensnobelpreisträger. Für seine Palästinenser vielleicht am verhängnisvollsten, hat er am Ende seines politischen Lebens die Chance auf die Schaffung eines eigenen Staates weggeworfen. Schuld waren – natürlich! – alle anderen. Vom Zerstörer zum Hoffnungsträger zurück zum Zerstörer. Was für eine schillernde historische Figur.

Ja, Arafat war immer auch Juden- und Israelhasser. „Sein“ Tuch war für viele lange nur Lifestyle und Kleidungsstück, jetzt ist es ausschließlich politisches Zeichen und Solidaritätsbekundung. Ein Symbol wie das Hakenkreuz ist es dennoch nicht.

Gemäß einem Bericht von www.berliner-zeitung.de

Daniel Wom

Der in Berlin geborene Daniel Wom ist ein versierter Journalist mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Er hat an der Freien Universität Berlin Journalistik und Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Daniel hat für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und ist bekannt für seine tiefgründigen Analysen und klaren Darstellungen komplexer Sachverhalte. Er ist Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband und hat mehrere Auszeichnungen für seine exzellente Berichterstattung erhalten. In seiner Freizeit erkundet Daniel gerne die vielfältige Kulturszene Berlins und ist leidenschaftlicher Webentwickler.

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