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Großstadtstress und psychische Gesundheit: Ein Blick in die Forschung von Mazda Adli

Städte ziehen Menschen aus verschiedenen Gründen an, sei es wegen der Karrieremöglichkeiten, des kulturellen Angebots oder der Vielfalt an sozialen Kontakten. Doch das Leben in der Stadt birgt auch Risiken für die psychische Gesundheit. Mazda Adli, Forscher und Chefarzt der Fliedner Klinik Berlin, beschäftigt sich mit diesem Thema und erklärt, warum Städte uns krank machen können.

Ein Grund für das erhöhte Risiko psychischer Erkrankungen in der Stadt ist der Großstadtstress. Dieser entsteht zum einen durch die hohe Bevölkerungsdichte und zum anderen durch Einsamkeit. Menschen, die in Städten leben, haben ein doppelt so hohes Schizophrenierisiko im Vergleich zu Landbewohnern. Bei Stadtbewohnern, die in der Stadt aufgewachsen sind, ist das Risiko sogar fast dreifach erhöht. Auch das Risiko für Depressionen und Angsterkrankungen ist in der Stadt höher als auf dem Land.

Der Großstadtlebensstil bietet jedoch auch viele Vorteile, die den Alltag erleichtern. Dazu gehören eine bessere Gesundheitsversorgung, individuelle Entfaltungsmöglichkeiten, ein dichtes Bildungsangebot und ein reichhaltiges kulturelles Angebot. Diese Vorteile werden unter dem Begriff "urban advantage" zusammengefasst und machen Städte zu attraktiven Lebensorten.

Allerdings besteht das Problem darin, dass in der Stadt das Risiko psychischer Erkrankungen höher ist. Mazda Adli und sein Team untersuchen derzeit in einem interdisziplinären Ansatz aus Medizin, Psychologie, Stadtforschung, Politik und Zivilgesellschaft die Ursachen dafür.

Ein möglicher Grund ist der soziale Stress, der entsteht, wenn Menschen auf begrenztem Raum zusammenleben. Dichte und Enge können zu Stress führen. Auch Einsamkeit und das Gefühl der Anonymität können zu Isolationsstress führen. Eine gute Wohnsituation spielt eine wichtige Rolle für die psychische Gesundheit. Das Gefühl, einen persönlichen Schutzraum zu haben, ist entscheidend. Leider ist der Wohnraum in der Stadt oft teuer, knapp und nicht immer gut gebaut. Viele Stadtbewohner leben auf beengtem Wohnraum, was zu weiterem Stress führt.

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Ein weiterer Risikofaktor für Isolationsstress ist die hohe Anzahl von Single-Haushalten in Großstädten. Gerade in Berlin lebt ein Drittel der Bevölkerung allein. In der Pandemie hat sich gezeigt, wie sehr diese Personen von Isolation und Einsamkeit betroffen waren. Menschen mit Migrationshintergrund oder Angehörige von Minderheiten sind häufiger von Isolationsstress betroffen, insbesondere wenn sie soziale Ausschlusserfahrungen machen.

Die Anonymität der Großstadt kann einerseits anziehend sein, aber auch dazu führen, dass man Schwierigkeiten hat, soziale Kontakte zu knüpfen. Dies betrifft vor allem Menschen, die mit der Anonymität nicht zurechtkommen oder Ausschlusserfahrungen machen.

Menschen, die erst später in die Stadt kommen, haben möglicherweise eine höhere Resilienz gegenüber psychischen Erkrankungen. Für Schizophrenie gilt, dass je länger man in der Stadt aufgewachsen ist und je größer die Stadt ist, desto höher ist das Risiko, im Erwachsenenalter zu erkranken. Diese Erkenntnis weist auf einen möglichen Zusammenhang hin, der jedoch noch genauer erforscht werden muss.

Die Schlussfolgerung aus diesen Erkenntnissen ist nicht, dass man Städte meiden sollte, wenn man Kinder bekommen möchte. Städte bieten viele Vorteile, auch für Kinder. Kinder, die in der Stadt aufwachsen, haben eine größere Chance, zu demokratischen Bürgern zu werden, da sie mit der Komplexität der Gesellschaft aufwachsen. Es sind bestimmte Faktoren, wie chronischer sozialer Stadtstress und mangelnder Zugang zu den Vorteilen der Stadt, die krank machen können.

Abschließend lässt sich sagen, dass das Leben in der Stadt Vor- und Nachteile mit sich bringt. Die Forschung von Mazda Adli und seinem Team soll dazu beitragen, Städte so zu gestalten, dass sie gut für unsere Psyche sind. Es geht darum, die Risikofaktoren zu verstehen und Lösungen zu finden, um das psychische Wohlbefinden in der Stadt zu fördern.

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Quellen:
https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/gro-stadtforschung-ich-bin-ein-ueberzeugter-gro-stadtbewohner-unser-interview-mit-mazda-adli-spricht-die-lebensqualit-t-in-der-stadt-an/23622760.html
https://www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/psychiater-adli-im-interview-mit-der-berliner-zeitung-der-dauer-stress-in-der-grossstadt-macht-krank-li.1696

Daniel Wom

Der in Berlin geborene Daniel Wom ist ein versierter Journalist mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Er hat an der Freien Universität Berlin Journalistik und Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Daniel hat für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und ist bekannt für seine tiefgründigen Analysen und klaren Darstellungen komplexer Sachverhalte. Er ist Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband und hat mehrere Auszeichnungen für seine exzellente Berichterstattung erhalten. In seiner Freizeit erkundet Daniel gerne die vielfältige Kulturszene Berlins und ist leidenschaftlicher Webentwickler.

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