Von einem Lokaljournalisten
Mannheim. In einer Phase, in der politische Kampagnen immer persönlicher werden, hat Dr. Reza Kazemi, Präsident der Europäischen Vereinigung der Politik- und Wahlkampfberater, interessante Einblicke in den aktuellen politischen Diskurs gegeben. Kazemi, dessen Unternehmen viele bedeutende politische Akteure berät, beleuchtet die Herausforderungen, vor denen Kanzler Olaf Scholz steht, während er sich dem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz gegenübersieht.
Politik wird oft nicht nur durch Programme, sondern auch durch persönliche Sympathien entschieden. Das bedeutet, dass Kanzler Scholz den direkten Kontakt zu den Bürgern suchen sollte, um sein bemerkenswertes Beliebtheitsproblem anzugehen. Er muss sich als nahbarer Politiker zeigen und seine Vision für Deutschlands Zukunft überzeugend kommunizieren. Dabei spricht Kazemi von der Notwendigkeit, eine menschliche Verbindung aufzubauen. Scholz wurde als oft steif und wenig empathisch beschrieben, was ihm beim Wähler nicht gerade hilft.
Die Herausforderungen für Merz
Doch auch für Merz ist die Situation nicht einfach. Kazemi hebt hervor, dass Merz als ehemaliger Mitarbeiter für Blackrock, eine der größten Vermögensverwaltungen weltweit, nicht gerade als bürgernah wahrgenommen wird. Die Vorstellung, dass er mit einem Privatflugzeug nach Berlin fliegt, verstärkt diesen Eindruck. Zudem hat Merz ein besonderes Problem mit der Wählerschaft der Frauen, was ihn in seiner Rolle als möglicher Kanzlerkandidat zusätzlich unter Druck setzt.
Ein weiterer Punkt, den Kazemi anspricht, ist Merz’ strategisches Handeln. Um seine öffentliche Wahrnehmung zu verbessern, könnte er versuchen, mehr private Einblicke in sein Leben zu gewähren und Aspekte seiner Persönlichkeit hervorzuheben. Als „Sauerländer“ und Familienvater könnte Merz eine andere, vertrautere Seite von sich zeigen, die den Bürgern besser zugänglich ist.
Der Vergleich mit anderen Politikern wird ebenfalls gezogen. Boris Pistorius wird als sympathisch und nahbar beschrieben, was ihn momentan als einen der beliebtesten Politiker Deutschlands auszeichnet. Kazemi glaubt, dass Pistorius‘ Fähigkeit, das Verteidigungsministerium unaufgeregt zu führen, zum positiven Bild beiträgt.
Die Frage, ob Markus Söder der bessere Kanzlerkandidat für die Union gewesen wäre, bleibt auch nicht unbeantwortet. Kazemi führt aus, dass Söder eine natürliche Nähe zum Volk ausstrahlen könne, aber die bayrischen Politiker insgesamt nicht so gut beim Rest Deutschlands ankommen, wie man annehmen würde.
Der Kampf gegen Populismus
In Bezug auf den populistischen Trend zeigt sich Kazemi optimistisch, dass demokratische Politiker durch die Vermittlung von Fakten und realistischen Lösungen erfolgreich sein können. Populisten bedienen sich gerne der Angst, um ihre Botschaften zu verbreiten, ohne jedoch tragfähige Lösungen anzubieten. Diese „Negative Campaigning“ Technik könnte durch transparente und bemerkbare Lösungen überwunden werden, die Vertrauen schaffen.
Ein Beispiel aus den USA wird angeführt, das zeigt, wie positive Kampagnen, wie sie von Barack Obama geführt wurden, langfristige Erfolge bringen können. Es gilt, eine klare Vision zu präsentieren und den Menschen Hoffnung zu geben.
Kazemi weist auch darauf hin, dass in Deutschland das Problem besteht, dass viele politische Akteure sich nicht ausreichend mit der digitalen Kommunikation auseinandersetzen. Der Aufstieg von sozialen Medien muss genutzt werden, um Wähler zu erreichen und ihnen eine ansprechende Botschaft zu bieten.
Der dringende Appell ist, dass es notwendig ist, die Sorgen der Wähler ernst zu nehmen und auf eine menschliche Weise zu kommunizieren. Kazemi fordert die Parteien dazu auf, nicht nur mit Zahlen zu posieren, sondern sich auch mit den emotionalen Sorgen der Wähler auseinanderzusetzen.
Legendäre Figuren wie Donald Trump und die AfD könnten als Warnung dienen, wie gefährlich eine Politik sein kann, die sich auf Falschaussagen und Populismus verlässt. Der Schlüssel zum Erfolg kann nur darin liegen, den Bürgern eine echte, positive Vision für die Zukunft vorzustellen und pragmatische Lösungen zu bieten.
Das komplette Interview mit Dr. Reza Kazemi zeigt, dass die Herausforderungen der Politik nicht nur auf dem Papier stehen, sondern viel mehr menschliche Aspekte erfordern. Ein tieferer Einblick in diese Thematik bietet der Artikel von www.rnz.de.