Schon wieder Pergamonmuseum, stöhnen Sie? Aber wir sollten diesen Riesenskandal nicht einfach abtun. Dazu sind die Bauzweitverzögerung von mindestens 15 Jahren und der Kostensprung von 240 Millionen auf 1,2 Milliarden Euro einfach zu gewaltig. Und dann ist da auch noch die architekturhistorische Verantwortung. Nein, wir müssen wachsam bleiben. Selbst wenn um 2040 das Gebäude und seine Ergänzungen fertiggestellt sein sollten, dann wäre das nach einem Entwurf von Oswald Mathias Ungers aus dem Jahr 1999. 1999! Das ist sogar für die langsame Disziplin Architektur Äonen her. Zudem war Ungers (1926-2007) schon recht betagt, der Entwurf atmet deswegen bis in die letzte Quadrat-Fuge seine Behauptung der 1970er, dass Architektur letztlich eine reine, abstrakte Kunst sei. Deswegen meinte er nie, Rücksicht auf „Bestandsbauten“ nehmen zu müssen. Das „Manifest“ war wichtiger. Auch beim Pergamonmuseum hat sich Ungers nie wirklich für den neuklassizistischen Monumentalbau seiner Vorgänger Alfred Messel und Ludwig Hoffmann interessiert, für dessen schweres, neubarock getöntes Pathos: Unbedingt müssen etwa bei Ungers Pfeiler gegen alle klassische Methode in die Mittelachsen. Für den Vierten Flügel, eine Riesen-Vitrine am Kupfergraben, wurden dafür sogar Fundamente herausgerissen, die schon für den Bau einer von Messel und Ludwig Hoffmann gedachten luftigen Säulenhalle errichtet worden waren.
NAG Redaktion
Versierte Journalisten mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Arbeiteten seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Haben für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und sind bekannt für tiefgründige Analysen und klare Darstellungen komplexer Sachverhalte.