Finanzausgleich – Die Auswirkungen des Zensus auf die Bundesländer
Der Zensus 2022 hat weitreichende finanzielle Konsequenzen für einige Bundesländer Deutschlands. Die jüngst erhobenen Einwohnerzahlen führen in mehreren Regionen zu signifikanten Veränderungen in der Verteilung der Bundesmittel. Während einige Bundesländer große Verluste hinnehmen müssen, können andere von Mehreinnahmen profitieren.
Finanzielle Rückschläge und Verlustprognosen
Einige Bundesländer stehen vor großen Herausforderungen aufgrund der neuen Zensus-Daten. Niedersachsen beispielsweise muss sich auf jährliche Mindereinnahmen im „niedrigen dreistelligen Millionenbereich“ einstellen. Die korrigierte Einwohnerzahl von rund 7,94 Millionen bedeutet einen Rückgang um 170.000 Menschen im Vergleich zu früheren Schätzungen. Hessen teilt ähnliche Sorgen, mit erwarteten Mindereinnahmen ebenfalls im niedrigen dreistelligen Millionenbereich.
Berlin erwartet bis 2028 jährliche Einnahmeausfälle von bis zu 550 Millionen Euro. Auch Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern melden negative Auswirkungen: Hamburg rechnet mit einem Minus von 190 Millionen Euro jährlich, Mecklenburg-Vorpommern mit etwa 180 Millionen Euro pro Jahr. In Bayern wurde die Bevölkerungszahl um rund 290.000 Einwohner korrigiert, was auch hier zu erheblichen finanziellen Folgen führen könnte.
Profiteure des Zensus
Auf der anderen Seite gibt es Bundesländer, die durch den Zensus eine finanzielle Entlastung erfahren. Nordrhein-Westfalen, das bevölkerungsreichste Bundesland, erwartet rückwirkend für die Jahre 2022 und 2023 Mehreinnahmen von insgesamt rund 580 Millionen Euro. Dies trotz der Tatsache, dass die neuen Zensus-Daten in diesen Jahren nur anteilig berücksichtigt werden. Baden-Württemberg rechnet ebenfalls mit einer finanziellen Entlastung, ohne konkrete Zahlen zu nennen.
Auch Rheinland-Pfalz kann profitieren und erwartet jährliche Mehreinnahmen von 50 Millionen Euro sowie zusätzliche positive Rückwirkungen für die Vorjahre. In Thüringen belaufen sich die zusätzlichen Einnahmen auf etwa 130 Millionen Euro jährlich, und das Saarland rechnet in diesem Jahr mit rund 200 Millionen Euro mehr, wovon 30 Millionen Euro auf die kommunale Ebene entfallen.
Grundlagen und Methoden des Zensus
Der Zensus ist eine umfassende statistische Erhebung, die unter anderem die Einwohnerzahl eines Landes bestimmt. Dabei werden nicht nur aktuelle Daten erhoben, sondern auch frühere Schätzungen korrigiert. Die neuen Daten werden nun in der Verteilung der Bundesmittel berücksichtigt, wobei die volle finanzielle Wirkung ab diesem Jahr zum Tragen kommt. Für die Jahre 2022 und 2023 wird der Zensus anteilig zu einem Drittel im ersten Jahr und zu zwei Dritteln im zweiten Jahr berücksichtigt.
Länder mit einem hohen Rückgang der Einwohnerzahlen müssen sich auf Nachzahlungen einstellen, während jene mit einem geringerem Rückgang oder gar einer Zunahme finanzielle Vorteile genießen. Dies führt zu einer Neuverteilung der Bundesmittel und beeinflusst maßgeblich die finanziellen Spielräume der jeweiligen Länder.
Politische Reaktionen und Ausblick
Im Saarland betonte Finanzminister Jakob von Weizsäcker (SPD), dass der finanzielle Spielraum durch die zusätzlichen Mittel „mehr Luft“ für politische Gestaltungen verschafft, jedoch weiterhin eine Konsolidierung der Finanzen notwendig ist. Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) warnte zugleich, dass die Mehrmittel nicht automatisch zu höheren Ausgabemöglichkeiten führen.
Die Bundes- und Landesregierungen beraten derzeit, wann die Änderungen kassenwirksam werden. Eine zentrale Übersicht über die konkrete Veränderung der Verteilung der Bundesmittel durch die neuen Zensus-Daten gibt es beim Bundesfinanzministerium nicht. Nach Angaben eines Sprechers sind in erster Linie die Verteilung der Umsatzsteuer sowie einwohnerabhängige Zuweisungen betroffen.
– NAG