Warum die USA uns näher sind, als uns lieb sein kann
Der schockierende Attentatsversuch auf Donald Trump im Bundestaat Pennsylvania hat weltweit für Aufsehen gesorgt. Es zeichnet sich ab, dass die Folgen weitreichender sind, als zunächst angenommen. Der 78-jährige Politiker, der sich einmal mehr als unerschütterlicher Messias inszeniert, steht nun mit verbesserten Chancen erneut im Mittelpunkt der politischen Bühne. Doch was bedeutet dies für die politische Landschaft in den USA und möglicherweise auch für den Rest der Welt?
Die politische Kultur in den Vereinigten Staaten ist schon vor diesem Ereignis stark polarisiert gewesen. Politische Diskurse verlaufen hauptsächlich über die Verunglimpfung des Gegners statt über inhaltliche Debatten, wie sie noch vor einigen Jahren unter Barack Obama’s Präsidentschaft zu beobachten waren. Diese Entwicklung führt zu einer immer tieferen Spaltung des Landes.
Ein demokratischer Offenbarungseid
Die gegenwärtige Situation in den USA kann als demokratischer Offenbarungseid bezeichnet werden. Anstelle von Auseinandersetzungen um Sachthemen wie Gesundheitsreformen stehen nun massive Angriffe auf die politischen Gegner im Vordergrund. Diese Art des politischen Wettkampfs begünstigt Populisten und deren einfache Lösungen, während echte Lösungen oft auf der Strecke bleiben.
Dass es in den USA so weit gekommen ist, liegt auch daran, dass die Demokraten einen sichtbar alternden Präsidenten, Joe Biden, unterstützen. Doch selbst ohne seine Präsidentschaft wäre die Spaltung der politischen Kultur kaum zu verhindern gewesen.
Die Auswirkungen dieser Polarisierung sind nicht auf die USA beschränkt. Das Signal reicht bis nach Europa, wo Länder wie Frankreich und Deutschland ebenfalls Gefahr laufen, von Extremisten unter Druck gesetzt zu werden. Hierzu gehören etwa Anhänger des Rassemblement National (RN) in Frankreich und die AfD in Deutschland, die jeweils eine verschärfte politische Konfrontation suchen.
Je zunehmender die Polarisierung, desto wahrscheinlicher sind Gewaltexzesse. Dies lässt besorgniserregende Szenarien entstehen, die in vielen Teilen Europas inzwischen als mögliche Realität betrachtet werden müssen.
Sollte Trump tatsächlich erneut ins Weiße Haus einziehen, könnte der Westen mit vielen unbequemen Fragen konfrontiert werden. Insbesondere in Deutschland und anderen europäischen Ländern könnte die Nachahmung autoritärer Tendenzen an Geschwindigkeit gewinnen. Im schlimmsten Fall wäre eine Situation denkbar, in der politische Gegner ebenfalls zu Gewalt aufrufen und mobilisieren.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die USA nun weiterentwickeln werden. Aber eines ist sicher: Die zunehmende gesellschaftliche Zersplitterung und das spielerische Verhältnis zur Wahrheit haben das Potenzial, weltweit Wellen zu schlagen. Die Lektionen, die aus der gegenwärtigen Lage gezogen werden können, sollten ernst genommen werden. Denn die USA sind uns möglicherweise näher, als uns lieb sein kann.
– NAG