Die aktuellen Ermittlungen zu den sogenannten Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäften werfen ein grelles Licht auf die Mechanismen der Finanzkriminalität und die ungleiche Behandlung von Betrug in der Gesellschaft. Während der Staat kleineren Betrügereien mit aller Härte nachgeht, bleibt er bei den großen Finanzakteuren ungeachtet der hohen summen scheinbar untätig.
Zweiklassenjustiz in der Finanzwelt
Die Ungleichheit im Umgang mit Betrug ist unverkennbar. Während der Staat oft rigoros gegen Betrug im Bereich des Bürgergeldes vorgeht und zahlreiche Kontrollmechanismen einsetzt, bleibt die Verfolgung von großen Finanzverbrechen auf der Strecke. Die Bundesagentur für Arbeit bezifferte den verursachten Schaden im Bereich des Sozialleistungsbetrugs auf 272,5 Millionen Euro im Jahr 2022, während Finanzwissenschaftler den Steuerschaden durch Cum-Cum- und Cum-Ex-Betrug auf mindestens 31,8 Milliarden Euro im Zeitraum von 2001 bis 2017 schätzten.
Der Hintergrund der Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäfte
Die Begriffe mögen komplex erscheinen, sind jedoch entscheidend für das Verständnis des Skandals. Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäfte beziehen sich auf spezielle Finanztransaktionen, bei denen Banken und Investoren nicht nur Steuerrückzahlungen einstreichen, auf die sie keinen Anspruch haben, sondern auch mehrfach Erstattungen von Kapitalertragssteuern beantragen. Diese Aktivitäten haben zu einem geschätzten Verlust von 36 Milliarden Euro in den Staatskassen geführt.
Institutionelles Versagen und Verantwortungslosigkeit
Die langsamen Ermittlungen und das institutionelle Versagen sind alarmierend. Anne Brorhilker, die lange Zeit in der Finanzermittlung tätig war, äußerte, dass die starken Verflechtungen zwischen Finanzkapital und Politik eine ernsthafte Herausforderung darstellen. Ihre Entscheidung, die Behörde zu verlassen und nun als Teil einer NGO gegen Finanzkriminalität zu kämpfen, spricht Bände über das Fehlen von politischem Willen zur Bekämpfung dieser Art von Betrug.
Gesellschaftliche Folgen und das Versagen des Staates
Das Versagen des Staates, effektive Maßnahmen gegen diese kriminellen Strukturen zu ergreifen, hat unmittelbare Auswirkungen auf die gesellschaftliche Gerechtigkeit. Während Bürger, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, von strengen Kontrollen betroffen sind, scheinen große Banken und Finanzakteure aufgrund ihres Einflusses auf die Politik weitgehend unangetastet zu bleiben. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise weigert sich das Finanzministerium, Informationen über die Cum-Cum-Geschäfte weiterzugeben, aus Angst vor Reputationsschäden.
Schlussfolgerungen für die Zukunft
Die Debatte über die Rolle des Staates und die Verantwortung der Wirtschaft muss verstärkt werden. Während die Bürger unter dem Druck strenger Kontrollen und Sanktionen leiden, müssen Lösungen entwickelt werden, um die großen finanziellen Verlusten zu adressieren, die durch die Untätigkeit gegenüber Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäften entstanden sind. Es ist entscheidend, dass der Staat endlich den gleichen Maßstab anwendet, unabhängig davon, ob es sich um einen einfachen Bürger oder eine große Bank handelt.
– NAG