CSD in Pirna: „Was ist heute? Kaiser:innenwetter“, ruft die Dragqueen
Dieses Jahr hat der Christopher Street Day (CSD) in Pirna eine ganz besondere Bedeutung erlangt. Aufgrund des politischen Klimas in der sächsischen Stadt und des ersten AfD-nahen Oberbürgermeisters, Tim Lochner, seit Februar, standen die Feierlichkeiten im Zeichen größerer Themen – insbesondere der Demokratie und der gesellschaftlichen Akzeptanz.
Auch wenn seit 13 Jahren der CSD in Pirna organisiert wird, war die Aufmerksamkeit auf das Event nie so groß. Diesmal wollten prominente Unterstützer, darunter Hape Kerkeling und Carolin Kebekus, ein klares Zeichen für Toleranz und gegen den erstarkenden Rechtspopulismus setzen. „Es geht nicht mehr nur um die Rechte der LGBTQ-Community. Es geht um die Verteidigung der grundlegenden demokratischen Werte“, erläuterten die Organisatoren.
Schon die Ankunft der Teilnehmer am Bahnhof von Pirna machte die Spannungen deutlich. Überall waren Graffitis mit der Aufschrift „No Homo Zone“ zu sehen. Die teils schockierten, teils trotzigen Reaktionen der Teilnehmer zeigen, wie wichtig der Kampf gegen Homophobie und für Akzeptanz auch in kleineren Städten bleibt. In diesem Jahr reisten Unterstützer aus ganz Deutschland an, unter anderem aus Cottbus und Köln, um Solidarität zu zeigen.
Eine Stadt zwischen Akzeptanz und Ablehnung
Von Anfang an wurde deutlich, dass diese Veranstaltung über den üblichen Protest hinausging. In direkter Konfrontation mit der politischen Situation in Pirna und den Erfolgen der AfD ging es bei diesem CSD auch darum zu zeigen, dass Vielfalt und Respekt wesentliche Bestandteile einer Demokratie sind. Während die Polizei von 1200 Teilnehmern sprach, bezifferten die Veranstalter die Gesamtzahl auf bis zu 6000 Menschen.
Vor dem Rathaus wehten keine Fahnen, die Masten waren abgebaut. Im Gegensatz dazu hing erneut die Regenbogenflagge von der Marienkirche, als Symbol der Solidarität und Akzeptanz. „Es ist wichtig, Bilder zu erzeugen, die zeigen, dass wir mehr sind“, meinte ein Teilnehmer. Dies war nicht nur eine Demonstration für LGBTQ-Rechte, sondern auch gegen die politischen Tendenzen in der Stadt.
Im Fokus: Die politische Botschaft
Die Reden auf der großen Bühne auf dem Marktplatz spiegelten den Ernst der Veranstaltung wider. Sven Lehmann, Queer-Beauftragter der Bundesregierung, betonte, dass es jetzt mehr denn je wichtig sei, Flagge für Demokratie und Vielfalt zu zeigen. „Es geht um das Menschenrecht, so zu leben, wie wir wollen“, sagte Lehmann. Er kritisierte ausdrücklich AfD-Politiker wie Lochner und deren Wähler.
Parallel dazu erklärte Mataina, eine der auftretenden Dragqueens, dass Kommunikation und Dialog unerlässlich seien. „Dieses ‚Mit denen reden wir nicht‘, finde ich nicht richtig. Was machen wir in dem Moment, wo wir aufhören zu reden?“ Eine Frage, die viele Teilnehmer beschäftigte.
Herausforderungen und Hoffnung auf Veränderung
Im Stirnbereich der Debatte stand zudem die Weigerung von Lochner, die Regenbogenflagge am Rathaus zu hissen. Seine Entscheidung und seine problematischen Äußerungen verglich die evangelische Gemeinde der Stadt mit historischen Fehltritten, indem sie die Flagge der Toleranz von ihrem Kirchturm wehen ließ.
Auch wenn es am Nachmittag keine offizielle Teilnahme von Lochner gab, war seine Abwesenheit doch spürbar. Für viele Teilnehmer war dies ein Zeichen mangelnder Dialogbereitschaft. Doch trotz dieser Schwierigkeiten, so hoffen die Organisatoren, könnte der CSD in Pirna einen Beitrag zur Sensibilisierung und hoffentlich Veränderung leisten.
Was bleibt von diesem CSD? Christian Hesse, Vorsitzender des CSD Pirna, betonte die Hoffnung, dass durch solche Veranstaltungen AfD-Wähler umgestimmt werden können. „Jeder erreichte Bürger ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte er. Ob diese Bemühungen erfolgreich sind, wird sich in den kommenden Landtagswahlen zeigen.
– NAG