Entnazifizierung 2.0: Performance stellt die dunkle deutsche Geschichte in Frage

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Am 29. November präsentiert Friedrichshain-Kreuzberg die Performance „Entnazifiziert euch!“, die Geschichte mit aktuellen Themen verbindet.

Am 29. November präsentiert Friedrichshain-Kreuzberg die Performance „Entnazifiziert euch!“, die Geschichte mit aktuellen Themen verbindet.
Am 29. November präsentiert Friedrichshain-Kreuzberg die Performance „Entnazifiziert euch!“, die Geschichte mit aktuellen Themen verbindet.

Entnazifizierung 2.0: Performance stellt die dunkle deutsche Geschichte in Frage

Die Diskussion um die Entnazifizierung Deutschlands bleibt bis heute ein äußerst aktuelles Thema. Am 29. November findet in Berlin die Performance „Entnazifiziert euch!“ statt, die sich mit der Frage der historischen Aufarbeitung und den blinden Flecken der Nachkriegszeit auseinandersetzt. Diese Veranstaltung nutzt Originaltexte, Erbstücke, Fantasien und orale Geschichte, um die juristische Kontinuität zwischen der jungen Bundesrepublik und dem NS-Staat zu beleuchten. Beteiligte Künstler wie Luce deLire, Callaz, Mario Bergmann und Annett Hardegen wollen sowohl kognitive als auch emotionale Zugänge eröffnen, um die Zuschauer mit den Schatten der Geschichte zu konfrontieren. Diese Performance ist gefördert von dem Projektfonds Kulturförderung Friedrichshain-Kreuzberg.

Die politische Realität Deutschlands zeigt, dass die Entnazifizierung oft als weitgehend gescheitert angesehen wird. Laut Berichten gibt es eine kulturelle Faszination für Faschismus und Tyrannei. Zudem sind autoritäre Denk- und Handlungsmuster in deutschen Parlamenten zu beobachten. Es stellt sich daher die Frage, in welchem Maße die damaligen Maßnahmen erfolgreich waren und ob sie die Gesellschaft tatsächlich auf einen demokratischen Kurs führen konnten.

Historischer Kontext der Entnazifizierung

Die Entnazifizierung wurde unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs durchgeführt. Im Januar 1946 verabschiedete der Alliierte Kontrollrat in Berlin die Kontrollratsdirektive Nr. 24, die Maßnahmen zur Entfernung von Personen aus öffentlichen Ämtern umreißte. Dazu gehörten Kriegsverbrecher, hochrangige Parteimitglieder sowie Beamte und Juristen, die als überzeugte Anhänger des Nationalsozialismus galten. In den westlichen Besatzungszonen wurden etwa 182.000 Personen inhaftiert, von denen bis 1947 etwa 86.000 entlassen wurden.

Insgesamt durchliefen über 3,6 Millionen Deutsche das Entnazifizierungsverfahren, wobei in einer Auswertung von Fragebögen, die alle über 18-Jährigen ausfüllen mussten, deren Mitgliedschaften in der NSDAP und weitere Verstrickungen erfasst wurden. Die Drittelung in Kategorien wie Hauptschuldige und Mitläufer führte zur weit verbreiteten Auffassung, dass die Entnazifizierung nicht konsequent durchgeführt wurde. Der Spruch „Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“ beschreibt den empfundenen Mangel an Gerechtigkeit und die erlebte Ungleichheit in der Verurteilung von Nazi-Verbrechern.

Nachwirkungen und heutige Relevanz

Obwohl die Entnazifizierung offiziell 1951 in der Bundesrepublik Deutschland beendet wurde, bleibt die Auseinandersetzung mit der Nazi-Vergangenheit ein zentrales Thema. Neuere Forschungen zeigen, dass auch in der DDR ehemalige Nazis Karriere machen konnten, während die SED versuchte, die eigene Geschichte als antifaschistischen Staat zu verkaufen. Der Vergleich zwischen den Besatzungszonen offenbart, dass die Entnazifizierung in der sowjetischen Zone strenger war, jedoch mehr als ein politisches Mittel diente, während viele ehemalige NS-Funktionäre in der Bundesrepublik ungehindert Karriere machten, wie der Fall des Mitverfassers der Nürnberger Rassegesetze, Hans Globke, zeigt.

Die Performance „Entnazifiziert euch!“ stellt damit eine wichtige Plattform dar, um die komplexen Bezüge zwischen der ersten und der zweiten deutschen Demokratie zu thematisieren. Mit zeitgenössischen Bezugnahmen auf aktuelle Themen wie Künstliche Intelligenz, christliche Fundamentalisten und Geschlechtsidentität will die Performance neue Gesprächsräume eröffnen. Bei all diesen Aspekten stellt sich die zentrale Frage: Wie können wir aus der Geschichte lernen, um eine gerechtere Zukunft zu gestalten?

Für Interessierte findet die Veranstaltung auf Englisch statt und bietet die Möglichkeit, sich intensiv mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Weitere Informationen zur Performance sind auf berlin.de einsehbar. Die historische Entnazifizierung kann zudem detailliert auf Wikipedia und Planet Wissen nachverfolgt werden.