Berlin Aktuell

Wohnungsnot in Ballungszentren: Trennung führt zu steigendem Mietenanstieg

Mietenanstieg in Ballungszentren - Wenn Trennung in die Wohnungsnot treibt

Die Wohnsituation in Ballungszentren wie Berlin und Potsdam verschärft sich weiter. Insbesondere für Paare, die sich getrennt haben, gestaltet sich die Wohnungssuche äußerst schwierig. Das führt dazu, dass Menschen wie die 24-jährige Sophia Renner gezwungen sind, in ihrem Auto zu leben.

Ursprünglich als vorübergehende Lösung gedacht, ist das Auto mittlerweile Renners Zuhause geworden. Sie schläft auf einem ausziehbaren Bett im silbernen Transporter, der auf dem Parkplatz der Universität Potsdam steht. Ihr Badezimmer findet sie im nahegelegenen Wald, wo sie Zähne putzt, auf die Toilette geht und duscht. Um Wasser für den täglichen Bedarf zu haben, hat sie einen gefüllten Wasserkanister im Auto verstaut. "Wenn es dunkel ist, sieht mich ja niemand", sagt Renner mit einem Lächeln.

Vor einem Monat lebte sie noch gemeinsam mit ihrer Freundin in einer Drei-Zimmer-Wohnung. Schon damals schlief sie gelegentlich im Auto, wenn es Streit gab. Mit der Trennung entschied sie sich schließlich dazu, ganz in ihr Auto zu ziehen. Neben dem Bett hat sie eine Holzbox für ihren Hund und unter dem Bett Platz für Wechselkleidung, den Wasserkanister und ihre Uni-Bücher.

Die Mieten in deutschen Ballungszentren, darunter auch Berlin und Potsdam, sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Laut einer Studie des Pestel-Instituts und des Bauforschungsinstituts Arge fehlen in Deutschland derzeit rund 700.000 Wohnungen. Besonders dramatisch ist die Lage in den Großstädten. Berlin ist dabei nach München die zweitteuerste Stadt, wenn es um die Mietpreise im Neubau geht. Laut der Empirica Preisdatenbank 2023 beträgt die Angebotsmiete in Berlin im Median bereits 11,54 Euro pro Quadratmeter. In Potsdam sind die Mietpreise pro Quadratmeter laut einer Analyse des Immobilien-Portals Immowelt im Vergleich zu 2021 um acht Prozent gestiegen.

Siehe auch  Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner spricht sich für Ergänzung des Grundgesetzes um sexuelle Identität aus

Diese steigenden Mietpreise haben Auswirkungen auf verschiedene Lebenssituationen. Paare finden nur schwer einen neuen gemeinsamen Wohnraum, große Familien müssen sich mit wenig Platz arrangieren und getrennte Paare bleiben gezwungenermaßen zusammenwohnen.

Bei der Wohnungssuche ist vor allem das Budget ein Hindernis für Personen wie Sophia Renner. Sie möchte maximal 500 Euro für eine Ein-Zimmer-Wohnung ausgeben. Doch die durchschnittlichen Mietpreise in Potsdam liegen bereits bei 700 Euro. Zusätzlich erschwert wird die Wohnungssuche durch ihren Hund, der ihre Möglichkeiten noch weiter einschränkt. Renner hat bereits Wohngeld beantragt und steht auf der Warteliste für einen Platz im Studierendenwohnheim. Bisher konnte sie nur zeitweise bei Freunden oder ihrem Onkel in Berlin-Marienfelde unterkommen. Während andere in dieser Phase oft scherzhaft sagen, dass sie gleich an der Uni schlafen könnten, schläft Renner tatsächlich dort und nutzt nachts das Uni-WLAN, um nach Wohnungen zu suchen. Um Strom zu haben, hat sie ein Solarpanel auf das Autodach gelegt.

Doch nicht nur der Mangel an Wohnungen, sondern auch die ungleiche Verteilung der vorhandenen Wohnflächen ist ein Problem. Laut Pekka Sagner, einem Ökonomen für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik vom Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln, hat der Anteil der Menschen in Städten, die beengt wohnen, seit 2010 zugenommen. Besonders betroffen seien Haushalte mit Migrationshintergrund und Familien. Auf der anderen Seite gäbe es aber auch Haushalte mit zu viel Wohnraum. Alleinlebende Personen über 65 Jahren hätten im Schnitt fast doppelt so viel Wohnraum wie Haushalte in der Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen, in der typischerweise Familien gut vertreten sind.

Die meisten Haushalte möchten sich vergrößern statt verkleinern. Laut den Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen (BBU) in Berlin suchen fünf Haushalte, die sich vergrößern wollen, nach einer Wohnung, für jeden Haushalt, der sich verkleinern möchte. In Potsdam liegt das Missverhältnis noch höher. Für Sophia S., die von ihrem Ex-Partner getrennt lebt, gestaltet sich die Wohnungssuche ebenfalls schwierig. Obwohl die beiden sich gut verstehen und versuchen, positiv miteinander umzugehen, ist die momentane Wohnsituation angespannt. Sophia wohnt noch mit ihrem Ex-Partner in einer Zwei-Zimmer-Wohnung und möchte gerne ausziehen. Doch die Suche gestaltet sich schwierig, da es entweder zu viele Anfragen gibt, oder keine Rückmeldung auf die Wohnungsbewerbungen erfolgt. Sie sucht sowohl in der Nähe des Vaters ihres Sohnes als auch in anderen Bezirken nach einer passenden Wohnung. Bisher hat sie zwei Möglichkeiten gefunden: entweder eine Ein-Zimmer-Wohnung, die ihr eigentlich zu klein wäre, oder eine Mehrgenerationen-WG, in der sie ein oder zwei Zimmer untervermieten könnte.

Siehe auch  Polizisten stoppen Mann mit Messer in Flüchtlingsunterkunft in Bad Belzig

Die Wohnungsnot und die steigenden Mietpreise in Ballungszentren wie Berlin und Potsdam führen dazu, dass Menschen wie Sophia Renner auf alternative Wohnformen wie das Leben im Auto oder das Finden einer Mehrgenerationen-WG angewiesen sind. Trotz aller Bemühungen und der großen Nachfrage gestaltet sich die Wohnungssuche weiterhin schwierig. Um eine langfristige Lösung für die Wohnungsnot zu bieten, ist eine verstärkte Bautätigkeit und eine gerechtere Verteilung des Wohnraums notwendig.

Daniel Wom

Der in Berlin geborene Daniel Wom ist ein versierter Journalist mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Er hat an der Freien Universität Berlin Journalistik und Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Daniel hat für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und ist bekannt für seine tiefgründigen Analysen und klaren Darstellungen komplexer Sachverhalte. Er ist Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband und hat mehrere Auszeichnungen für seine exzellente Berichterstattung erhalten. In seiner Freizeit erkundet Daniel gerne die vielfältige Kulturszene Berlins und ist leidenschaftlicher Webentwickler.

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Adblock erkannt!

Adblocker speichern und verwenden Ihre personenbezogenen Daten und verkaufen diese u.U. an Dritte weiter. Schalten Sie in Ihrem und unserem Interesse den Adblocker aus. Keine Angst, wir verwenden keine Popups oder Umleitungen. Ein paar kleine, unauffällige Banner finanzieren uns einen Kaffee. Sonst gibt's hier keine Werbung.