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Wasser „ernten“: Spannende Methode im Kampf gegen Dürre

Wasser "ernten": Spannende Methode im Kampf gegen Dürre

Viele Regionen der Welt kämpfen mit Trockenheit. Eine kreative Lösung aus Chile hat inzwischen einige Nachahmer. Wie sie funktioniert.

Chile ist geprägt durch geografische und klimatische Extreme. Das südamerikanische Land zwischen Anden und Pazifik ist im Schnitt 200 Kilometer breit, aber dafür über 4200 Kilometer lang und seit jeher sehr trocken. Und der Klimawandel verschärft die Trockenheit zusehends. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es im chilenischen Spätherbst vor einigen Wochen tagelang unaufhörlich regnete.

Flüsse traten über die Ufer, Bäume stürzten um, Hänge rutschten ab, Tausende Menschen wurden vorübergehend obdachlos. Aber Chile kennt vor allem die andere Seite. Trockenheit und Wasserknappheit sind wachsende Probleme. 2021 und auch vergangenes Jahr betrug das Niederschlagsdefizit mehr als 80 Prozent, gleichzeitig dehnt sich die Atacamawüste im Norden des Landes immer weiter nach Süden aus. Kreative Lösungen gegen den Klimawandel und Verwüstung sind gefragt.

Gerade dort, am Südrand der Atacamawüste, haben Klimaexperten bereits 2006 ein System ungewöhnlicher Wassergewinnung implementiert. Man könnte es als das "Ernten" von Nebel bezeichnen. Die Stiftung "Un alto en el desierto" – übersetzt etwa: Eine Pause in der Wüste – unterstützt Gemeinden bei der Anpassung an den Klimawandel und hat in der Ortschaft Peña Blanca, rund 500 Kilometer nördlich der Hauptstadt Santiago, eine Art Wasseroase geschaffen.

Das Verfahren besteht darin, den vom Pazifischen Ozean kommenden und vom Wind getriebenen Nebel mit Hilfe vertikal angebrachter Kunststoffnetze "aufzufangen", bis er zu Wassertropfen kondensiert. Diese werden über Rinnen und Rohre in ein Auffangbecken geleitet. Mit den 16 Kunststoffnetzen – jeweils neun Quadratmeter groß – können in dem örtlichen Ökoschutzgebiet Cerro Grande jährlich etwa 560.000 Liter Wasser aufgefangen werden.

"Mit diesem Durchschnitt sind wir eine der wichtigsten Nebeloasen in Lateinamerika", sagt Nicolás Schneider Errázuriz, Gründer von "Un alto en el desierto". Rund 1500 Liter Wasser können täglich von Nebelfängern in der Größe von 252 Quadratmetern aufgefangen werden. Das bereits Mitte des letzten Jahrhunderts vom chilenischen Wissenschaftler Carlos Espinoza erfundene Nebelfängersystem wird inzwischen in mehr als einem Dutzend Ländern eingesetzt – darunter Peru, Spanien und Israel.

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Mit dem Wasser, das sich in dem 100 Hektar großen Schutzgebiet angesammelt hat, konnten bisher einheimische Bäume wie Quillay, Peumo und Guayacán aufgeforstet werden. Vor allem in kritischen Dürreperioden nutzen die Viehzüchter das Wasser dafür, ihre Tiere zu tränken. Mit dem Wasser wird sogar ein lokales Craft-Bier gebraut, das sogenannte "Atrapaniebla-Bier", das Nebelfänger-Bier.

Die neue Herausforderung besteht laut Nicolás Schneider Errázuriz darin, das gesammelte Wasser in Flaschen abzufüllen. Dieses soll dann wie das Bier verkauft werden. "Es wäre ideal, denn heute verwenden fast alle Haushalte abgefülltes Wasser". Das Wasser aus der Nebelgewinnung wäre ozongefiltert und damit verträglicher als das mit Chlor gereinigte Wasser.

Neben dem ökologischen Nutzen eröffnet das Nebelfängersystem somit auch wirtschaftliche Chancen und bessere Lebensperspektiven für die Menschen vor Ort. Und es sichert Ernten, ermöglicht die Viehzucht, reduziert die Landflucht und beugt so der Alterung und dem Aussterben der Dörfer vor. "Neben dem Sammeln des Nebels recyceln wir auch das Nutzwasser aus Waschbecken, Duschen und Waschmaschinen in Privathäusern und Schulen", erläutert Natalia Rebolledo, Direktorin der Stiftung "Un alto en el Desierto". "Unser Ziel ist es, eine Art grüne Barriere zu sein, um das Vordringen der Wüste in Chile aufzuhalten". Ganz generell geht es aber auch darum, den "ökologischen Fußabdruck zu mildern und sich an die Herausforderungen des Klimawandels anzupassen".

Daniel Wom

Der in Berlin geborene Daniel Wom ist ein versierter Journalist mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Er hat an der Freien Universität Berlin Journalistik und Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Daniel hat für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und ist bekannt für seine tiefgründigen Analysen und klaren Darstellungen komplexer Sachverhalte. Er ist Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband und hat mehrere Auszeichnungen für seine exzellente Berichterstattung erhalten. In seiner Freizeit erkundet Daniel gerne die vielfältige Kulturszene Berlins und ist leidenschaftlicher Webentwickler.

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