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Platte als Welterbe? Karl-Marx-Allee in Berlin kämpft um Unesco-Titel | Berliner Zeitung

Soll die Platte Welterbe werden? Über dieser Frage brütet derzeit die Kultusministerkonferenz. Sie hat zu entscheiden, ob die Berliner Karl-Marx-Allee (KMA) – inklusive ihres seriellen Westendes – zum nationalen Kandidaten für den Unesco-Titel aufsteigt. Die Bewerbung ist beileibe kein Selbstläufer: Vor nicht einmal zehn Jahren scheiterte ein erster Anlauf schon in der Vorrunde. Bis heute erhielt keine einzige DDR-Hinterlassenschaft den ultimativen Ritterschlag. Anderswo Vorfabriziertes mitunter schon.

Mitten in die Entscheidungsfindung platzt der Lukas Verlag mit zwei Argumentationshilfen. Die eine beschäftigt sich direkt mit dem Plattenbau-Abschnitt der KMA – als erstes Buch sogar ausschließlich. „Magistrale der Moderne“ basiert auf der Doktorarbeit der Stadtplanerin Irma Leinauer. Sie dokumentiert minutiös den wenig welterbewürdigen Nachwende-Zustand, listet jede einzelne Typen- bzw. Sonderrealisierung der DDR auf und rekapituliert die Ideenfindung in nie gekannter Ausführlichkeit. Selbst gut Vorgebildete dürfen staunen – zum Beispiel über die vielen Gestaltungsalternativen, die es zwischen den anfangs avisierten Sequels der stalinistischen Zuckerbäckerschneise und dem letztlich verwirklichten „Ersten sozialistischen Wohnkomplex“ gegeben hat.

Gleichwohl taugt das Werk nicht als Plädoyer gegenüber der Unesco. Denn Leinauer bricht ihre Untersuchung jäh ab: im Jahr 2010. Dass seither die Bestandspflege ausgedehnt, der Weiterbau der unvollendeten Pavillons eingeleitet sowie besagte Welterbe-Initiative ins Rollen gebracht wurde, reißt Thomas Flierls kurzes Vorwort allenfalls an. So schreit der 600-Seiten-Wälzer, kaum aus der Druckerpresse gezogen, nach Fortschreibung.

Erinnerung an den Abriss der „Seeterrassen“ im Wohngebiet Fennpfuhl

Sechs Straßenbahnstationen weiter, beim Wohngebiet Fennpfuhl, genügt ein Zehntel an Papier für die erste umfassende Darstellung. Sie beginnt mit dem Ideenwettbewerb von 1956, der paritätisch DDR- und BRD-Städtebauer versammelte sowie ein kaum minder ungewöhnliches Ergebnis hatte: Gesellschaftszentrum, Gewässer und Grün waren in eins zu setzen, sie bildeten also zusammen die Mitte des Quartiers. Und bis heute wird diese Vision fast ausschließlich von Ostdeutschen mit Leben erfüllt, sie planten die Veränderungen, zugleich war die Fluktuation in der Bewohnerschaft stets unterdurchschnittlich. Eine der wenigen Ausnahmen – die Konversion des Konsument-Warenhauses, aus dem das Braunschweiger Entwurfsbüro Papendieck, Rade & Partner 2012 Wohnungen machte – taugt wiederum zur Blaupause für allüberall verwaiste Einzelhandelsflächen.

Siehe auch  Jäger als Stützen der Landschafts- und Heimatpflege: Bundesjägertag und ihre wichtige Rolle

In der Summe kommt Georg Balzer, letzter Rahmenplaner am Fennpfuhl sowie Herausgeber des Buches, zu dem selbstkritischen Schluss: Positive und negative Veränderungen – wie etwa der 2008 verbrochene Abriss des Gaststättenkomplexes „Seeterrassen“ – halten sich die Waage. Für die Welterbe-Frage relevant ist, wie die Denkmalpflege die Entwicklung beeinflusst: Hier so gut wie gar nicht.

Gemäß einem Bericht von www.berliner-zeitung.de, brütet die Kultusministerkonferenz derzeit über der Frage, ob die Berliner Karl-Marx-Allee (KMA) und ihr serieller Westendabschnitt zum nationalen Kandidaten für den Unesco-Titel des Welterbes ernannt werden sollten. Eine vorherige Bewerbung scheiterte bereits vor zehn Jahren in der Vorrunde. Der Lukas Verlag hat nun zwei Argumentationshilfen vorgelegt. Das Buch "Magistrale der Moderne" basiert auf der Doktorarbeit der Stadtplanerin Irma Leinauer und beschäftigt sich speziell mit dem Plattenbau-Abschnitt der KMA. Es listet die verschiedenen Typen- und Sonderrealisierungen der DDR auf und rekapituliert die Ideenfindung. Das Werk endet jedoch abrupt im Jahr 2010, was die Weiterentwicklung und den Fortschritt in der

Daniel Wom

Der in Berlin geborene Daniel Wom ist ein versierter Journalist mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Er hat an der Freien Universität Berlin Journalistik und Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Daniel hat für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und ist bekannt für seine tiefgründigen Analysen und klaren Darstellungen komplexer Sachverhalte. Er ist Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband und hat mehrere Auszeichnungen für seine exzellente Berichterstattung erhalten. In seiner Freizeit erkundet Daniel gerne die vielfältige Kulturszene Berlins und ist leidenschaftlicher Webentwickler.

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