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Millionen aus Betrug mit Corona-Tests in Berlin nach Türkei überwiesen – Wo ist das Geld geblieben?

Überweisungen in die Türkei - Der Betrug mit Corona-Tests in Berlin und die Frage nach dem Verbleib der Millionen

In einem aufsehenerregenden Fall von Betrug mit Corona-Tests in Berlin soll der türkische Geschäftsmann Kemal C. rund zehn Millionen Euro ergaunert haben. Er wurde verurteilt und sitzt voraussichtlich für viele Jahre im Gefängnis. Doch trotzdem bleibt der Großteil der Beute verschwunden. Die Ermittler verfolgen eine heiße Spur, die in die Türkei führt.

Kemal C. wird voraussichtlich noch für eine lange Zeit in Berlin hinter Gittern sitzen. Das Berliner Landgericht hat ihn Ende März wegen Millionenbetrugs verurteilt. Der türkische Geschäftsmann soll über erfundene Testcenter und fiktive Corona-Tests fast zehn Millionen Euro ergaunert haben. Das Urteil gegen Kemal C. und seine mitangeklagte Schwester ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Doch es bleibt die Frage: Wo sind die Millionen aus dem Berliner Corona-Test-Betrug? Denn der Großteil des Geldes ist unauffindbar.

Eine Spur führt die Ermittler nach Zentralanatolien in die Türkei. Dort ist die Familie von Kemal C. zu Hause, einschließlich seines Vaters. Auf dessen türkisches Konto sollen mutmaßlich die Gelder der Steuerzahler für die erfundenen Corona-Tests weitergeleitet worden sein. Bankunterlagen, die Report München und rbb24 Recherche einsehen konnten, belegen diese Geldtransfers. Für die Ermittler handelt es sich dabei um einen Paradebeispiel für "familienbasierte Kriminalität" mit Verbindungen in die Türkei.

Es war äußerst einfach, an das Geld heranzukommen. Bereits bevor die ersten der rund 2.500 Teststellen in Berlin während der Pandemie eröffnet wurden, hatte das Berliner Landeskriminalamt (LKA) bereits vor möglichen Betrügereien gewarnt. Unter anderem Kommissariatsleiter Jörg Engelhard, der für Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen zuständig ist, hatte vor einer "Druckerpresse" gewarnt. In der ersten Testverordnung war nämlich keine Überprüfung der Teststellen vorgesehen.

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Kemal C. nutzte die Ermittlungen zufolge die Gelegenheit der Coronavirus-Testverordnung. Bereits kurze Zeit später startete er den Betrug. Über die Kassenärztliche Vereinigung (KV) in Berlin registrierte er mehrere Testcenter. Insgesamt wurden 18 Testcenter in seinen Spätis angemeldet - von der Turmstraße über die Schönhauser Allee bis zur Badstraße. Einige Spätverkaufsstellen wurden vor der Pandemie bereits von zwei bulgarischen Staatsbürgern geführt, die schließlich als Strohmänner entlarvt wurden. Kemal C. selbst war weder offizieller Inhaber des "Späti-Imperiums", von dem die Ermittler sprechen, noch tauchte er steuerlich in den Unterlagen auf.

Kemal C. soll laut Gericht Zehntausende fiktive Tests über die Kassenärztliche Vereinigung abgerechnet haben. Seine Schwester stellte ihr Konto für die Durchführung des Betrugs zur Verfügung. Die Millionen wurden über die Konten der Strohmänner Ali A. und Krasimir O. regelmäßig in die Türkei überwiesen. Die Beträge betrugen meist sechsstellige Summen, wie aus den Banküberweisungen hervorgeht. Das türkische Konto gehörte vermutlich Kemal C.s Vater, Mehmet C.. Der Verwendungszweck lautete meist "Antigen Schnelltest Kit", was darauf hindeutet, dass das Geld für den Kauf von Schnelltests in der Türkei verwendet wurde. Die Zentralstelle für Finanztransaktions-Untersuchungen meldete schließlich den Verdacht auf Geldwäsche an das LKA-Kommissariat von Jörg Engelhard. Dort wurden die Testkapazitäten in den 18 Teststellen der Spätis gezählt und hochgerechnet.

Die Ermittlungen von Susann Langner, einer Mathematikerin und Geldwäscheexpertin beim LKA, führten innerhalb weniger Monate zur Aufdeckung des Millionenbetrugs. Dabei wurde auch das Telefon von Kemal C. zeitweise abgehört, was den Ermittlern Hinweise auf Immobilienkäufe in Berlin und Gewerberäume lieferte, die den Spätis zugeordnet wurden.

Nach Schätzungen der Ermittler haben Betrüger in Berlin durch falsche Abrechnungen für Corona-Tests mindestens 30 Millionen Euro erbeutet. Sie konnten das Geld anscheinend problemlos in die Türkei transferieren. Kemal C. kaufte im Namen seines Vaters, Mehmet C., auch Immobilien. Eine entsprechende Vollmacht liegt Report München und rbb24 Recherche vor. Es wird deutlich, wie eng Kemal C. und ein Immobilienmakler miteinander verbunden waren.

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Die türkische Familie von Kemal C. spielt beim Kauf der Immobilien eine wesentliche Rolle. Kemal C. ist türkischer Staatsangehöriger und hat offensichtlich auch in der Türkei Verwandte. Er überweist das Geld an eine Person mit dem gleichen Familiennamen, höchstwahrscheinlich seinen Vater Mehmet C., der in dem kleinen Dorf Cayinli im Hochgebirge von Zentralanatolien, Landkreis Tomarza, lebt. In Cayinli ist Mehmet C. gut bekannt. Er weiß, dass sein Sohn in Berlin im Gefängnis sitzt, bestreitet jedoch jegliche Beteiligung an dem Betrug. Als er mit den Kontoauszügen der Überweisungen konfrontiert wird, gibt er an, von nichts gewusst zu haben. In Berlin besitzt Mehmet C. offiziell mehrere Immobilien, in der Türkei hat er vor Kurzem ein neues Haus gebaut.

Die Ermittlungen im Fall des Millionenbetrugs bei den Corona-Tests enden mit der Verurteilung von Kemal C. Ein Großteil des Geldes bleibt jedoch verschwunden - rund 6,5 Millionen Euro. Es deutet alles darauf hin, dass die Millionen nach Cayinli in die Türkei geflossen sind.

Daniel Wom

Der in Berlin geborene Daniel Wom ist ein versierter Journalist mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Er hat an der Freien Universität Berlin Journalistik und Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Daniel hat für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und ist bekannt für seine tiefgründigen Analysen und klaren Darstellungen komplexer Sachverhalte. Er ist Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband und hat mehrere Auszeichnungen für seine exzellente Berichterstattung erhalten. In seiner Freizeit erkundet Daniel gerne die vielfältige Kulturszene Berlins und ist leidenschaftlicher Webentwickler.

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