Im ersten Halbjahr 2023 sind in Berlin wieder mehr Menschen inhaftiert, um nicht gezahlte Geldstrafen zu ersetzen. Wie die Senatsjustizverwaltung auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mitteilte, saßen deshalb 1606 Betroffene eine Ersatzfreiheitsstrafe ab. Im gesamten Vorjahr waren es demnach 2390 Menschen. In den beiden Jahren zuvor waren es lediglich 1645 (2021) und 1418 (2020) Personen. Die Corona-Pandemie war der Grund dafür. In dieser Zeit wurde die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen für längere Zeiträume ausgesetzt. Bis in das vergangene Jahr hinein waren die Strafen nicht vollstreckbar.
Häufig sind Menschen betroffen, die ohne Fahrschein öffentliche Verkehrsmittel genutzt und wegen Erschleichens von Leistungen verurteilt wurden. Im ersten Halbjahr 2023 waren dies laut Justizverwaltung 317 Fälle. Im gesamten Jahr 2022 betraf es 414 Menschen, 2018 waren es sogar 788 Personen. Es wird seit Langem diskutiert, diese Straftat (Paragraph 265a StGB) zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen. Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos) sprach sich für eine Herabstufung aus, betonte jedoch auch, dass die erhoffte Justizentlastung keine Augenwischerei sein sollte.
Geldstrafen werden vom Gericht anhand von Tagessätzen festgelegt, die sich am Einkommen des Betroffenen orientieren. Die Anzahl der Tagessätze richtet sich nach der Schwere des Vergehens. Eine Gesetzesänderung sieht vor, dass die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe halbiert wird. Bisher entsprach die Zahl der Tage, die jemand für das Nichtbezahlen einer Geldstrafe im Gefängnis verbringen musste, den Tagessätzen, zu denen er verurteilt wurde. Künftig wird es nur noch die Hälfte der Tagessätze sein.
Die Gefängnistage können durch gemeinnützige Arbeit wie die Pflege von Parks und Grünanlagen ausgeglichen werden. Einrichtungen, die eine Vereinbarung mit den Sozialen Diensten der Justiz geschlossen haben, bieten diese Möglichkeit an. Dies spart auch Kosten für das Justizsystem. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Gesamtkosten für einen Hafttag auf 229,12 Euro. Im Jahr 2022 saßen etwa 8360 Menschen in den sieben Berliner Gefängnissen ein.
Auch in Brandenburg stieg die Zahl der Gefangenen, die eine Ersatzfreiheitsstrafe absitzen, wieder an. Im Jahr 2022 waren es 150, im Jahr zuvor 110 Fälle und 2020 sogar nur 76. Vor der Pandemie lagen die Zahlen ähnlich hoch wie 2022, mit 149 im Jahr 2019 und 121 im Jahr 2018. Die vergleichsweise niedrigen Zahlen der Jahre 2020 und 2021 sind auf die Coronapandemie zurückzuführen, so das Justizministerium.
Quelle: Senatsjustizverwaltung, Justizministerium Brandenburg, dpa