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Korruptionsbekämpfung in Berlin – Erfolgsbilanz mit Schattenseiten laut LKA-Zahlen

Korruptionsbekämpfung in Berlin - Erfolgsbilanz mit Schattenseiten

Auf dem Papier sieht die Bilanz der Korruptionsbekämpfer in Berlin ganz passabel aus: Hunderte Urteile gab es in den vergangenen Jahren, wie aktuelle Zahlen zeigen. Doch die Statistik zeigt auch, warum das Dunkelfeld wohl deutlich größer sein dürfte.

Bei Berlins Korruptionsjägern dürfte das Jahr 2018 noch lange in Erinnerung bleiben. Damals deckten sie Fälle von Bestechung und Vorteilsnahme im Volumen von insgesamt gut 24 Millionen Euro auf. Das meiste davon wechselte in bar den Besitzer, 40 Amtsträger waren involviert, und in der Mehrzahl der Fälle flogen diejenigen auf, die bestechen wollten. Das geht aus Zahlen des Landeskriminalamtes hervor, die der rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion, Sebastian Schlüsselburg, beim Senat erfragt hat.

Die Statistik offenbart spannende Details der Berliner Korruptionsbekämpfung. So entstehen viele Bestechungsversuche noch immer recht spontan, ohne lange Vorbereitung: 2022 war das in 16 von 38 bekannten Fällen so, während sich in 12 Fällen die Beziehung zwischen Bestechungsgeber und -nehmer über einen längeren Zeitraum hinzog, zwischen einem Monat und zwei Jahren. "Im Gegensatz zu anderen Deliktsbereichen gibt es im Zusammenhang mit Korruptionsdelikten nur Täterinnen und Täter", so das LKA. "Ein Opfer der Taten - wie etwa ein Wettbewerber oder die Behörde eines bestochenen Mitarbeitenden - bemerken diese in der Regel nicht."

Meistens geht es laut Erkenntnissen der Ermittler um die Erlangung von Wettbewerbsvorteilen oder den Zuschlag bei Aufträgen. Besonders häufig kommen die Täter aus der Dienstleistungs- und Baubranche, und meistens halten nicht Chefs die Hände auf, sondern Mitarbeitende auf der Sachbearbeitungsebene. Koffer voller Geldscheine verlieren offenbar an Attraktivität: 2022 kam Bargeld nur noch in 27 Prozent der entdeckten Korruptionsfälle zum Einsatz, Arbeits- oder Dienstleistungen waren beliebter. Ebenfalls verlockend sind offenbar Einladungen zu Veranstaltungen oder Bewirtungsangebote.

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Doch so viel man über die Tatverdächtigen, gegen die ermittelt wird, weiß – 2022 waren es 38 – so wenig lässt sich aus der Statistik der Korruptionskämpfer über das wahre Ausmaß des Problems sagen. Denn auch das räumt das LKA ein: "Aufgrund der günstigen Tatgelegenheitsstruktur und dem geringen Tatentdeckungsrisiko ist daher von einem großen Dunkelfeld auszugehen."

Zwar gab es von 2013 bis 2022 rund 180 teils empfindliche Urteile gegen überführte Korruptionsstraftäter, davon 89 Geldstrafen und 28 Haftstrafen ohne Bewährung. Das geht aus Zahlen der Generalstaatsanwaltschaft Berlin hervor, die dem rbb vorliegen. Doch die Statistik zeigt auch, dass zahlreiche Fälle eingestellt werden – wenn auch gelegentlich gegen Zahlung einer Strafe. Dabei mache die Staatsanwaltschaft einen guten Job, so der Rechtsexperte der Linken, Schlüsselburg: "Es ist schwer, die Taten so nachzuweisen, dass sie für eine Anklage ausreichen."

Er fordert daher noch mehr Personal für die Strafverfolgungsbehörden – und den Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Verwaltung. "Wir können im Bereich der Leistungsverwaltung schon jetzt relativ gut erkennen, wo es zu auffälligen Buchungen kommt." Dies aber müsse konsequent ausgebaut werden, so Schlüsselburg.

Wie kompliziert und mühsam es ist, vom ersten Verdacht bis zur Anklageerhebung zu kommen, zeigt der aktuellste Bericht des Berliner Korruptionsbeauftragten. Demnach gingen 2022 bei der Staatsanwaltschaft zwar 158 neue Verfahren wegen Korruptionsbezug ein, zeitgleich konnten aber nur 13 Fälle nach teils langen Ermittlungen vor Gericht gebracht werden. 86 Fälle sahen nie einen Richter, sie wurden von der Staatsanwaltschaft eingestellt, weil sich die Verfolgung aus Sicht der Juristen nicht gelohnt hätte – mal wegen eines zu geringen Schadens, mal aus Mangel an Beweisen.

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Das könne freilich nicht als Beweis gelten, dass die Hauptstadt vielleicht gar kein Korruptionsproblem hat, sagt Jiri Kandeler vom Antikorruptionsverein Berlin. "Im Gegenteil: Ich würde sagen, hier gibt es besonders viel Korruption." Denn Delikte wie Bestechung und ähnliches würden schlicht kaum auffallen, weil gar nicht systematisch kontrolliert werde. Die vielen Vertrauenspersonen und Korruptionsbeauftragten auf Landes- und Bezirksebene "erwischen nie irgendwen", sagt Kandeler.

Stattdessen käme es auf die Whistleblower an, die immer wieder den Stein ins Rollen bringen. Zahlen des LKA geben Kandeler zumindest teilweise Recht: Zwar gehen die meisten Erkenntnisse auf Polizeiarbeit zurück, doch Whistleblower lieferten in den vergangenen Jahren einen signifikanten Teil der entscheidenden Hinweise – deutlich öfter vor allem als die betroffenen Stellen selbst. "Wenn man eine Korruptionsbekämpfung hätte, die funktioniert, bräuchten wir keine Hinweisgeber", sagt Kandeler: "Dass es die braucht, ist ja eigentlich ein Armutszeugnis."

Die Senatsverwaltung für Justiz

Daniel Wom

Der in Berlin geborene Daniel Wom ist ein versierter Journalist mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Er hat an der Freien Universität Berlin Journalistik und Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Daniel hat für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und ist bekannt für seine tiefgründigen Analysen und klaren Darstellungen komplexer Sachverhalte. Er ist Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband und hat mehrere Auszeichnungen für seine exzellente Berichterstattung erhalten. In seiner Freizeit erkundet Daniel gerne die vielfältige Kulturszene Berlins und ist leidenschaftlicher Webentwickler.

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