Die Integrationssenatorin von Berlin, Cansel Kiziltepe (SPD), hat mit ihrer Forderung nach einer anderen Verteilung von Flüchtlingen auf die Bundesländer wenig Zustimmung erhalten. Auch das Nachbarland Brandenburg lehnt den Vorschlag ab, und das Bundesinnenministerium zeigt sich wenig geneigt, eine Debatte darüber zu führen.
Kiziltepe fordert eine Reform des sogenannten Königsteiner Schlüssels und eine Sonderregelung für Stadtstaaten. Der Königsteiner Schlüssel legt fest, in welchem Verhältnis die Bundesländer gemeinsame Aufgaben untereinander aufteilen, darunter auch die Aufnahme von Asylbewerbern. Bisher orientiert sich der Schlüssel an den Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl der Länder. Auf Berlin entfallen dabei 5,2 Prozent der Aufgabenlast.
Die Senatorin argumentiert, dass dicht besiedelte Stadtstaaten wie Berlin nur begrenzte Flächen für neue Flüchtlingsunterkünfte haben. Die derzeitige Regelung, die auf Basis der Einwohnerzahl verteilt, sei daher nicht mehr zeitgemäß.
Diese Forderung ist nicht neu. Bereits im Frühjahr des letzten Jahres hatten die damalige Integrationssenatorin Katja Kipping (Linke) und die damalige Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) eine Reform gefordert. Damals suchten besonders viele Ukrainer Schutz vor dem russischen Angriffskrieg. Die Forderungen blieben jedoch erfolglos.
Auch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) unterstützt die Forderung nach einer veränderten Verteilung der Flüchtlinge. Er argumentiert, dass es bei der Flüchtlingsfrage nicht um wirtschaftliche und Finanzkraft geht, sondern darum, dass Raum und Flächen für die Unterbringung benötigt werden. In verdichteten Stadtstaaten seien diese begrenzt vorhanden.
Anders sieht es in vielen Flächenländern aus. Sachsen und Sachsen-Anhalt lehnen eine Änderung ab, und auch in anderen Bundesländern stößt die Forderung aus Berlin auf wenig Gegenliebe. Brandenburgs Integrationsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) sieht keine Notwendigkeit, den Verteilungsschlüssel zu diskutieren.
Auch auf Bundesebene gibt es wenig Bereitschaft, über den Königsteiner Schlüssel zu sprechen. Das Bundesinnenministerium nimmt die aktuellen Diskussionen zwar zur Kenntnis, hält sich aber für nicht zuständig. Zuständig seien allein die Länder.
Die CDU-Partei sieht die Debatte ohnehin als irrelevant angesichts der aktuellen Migrationskrise. Engpässe bei Wohnraum, Schulen und ärztlicher Betreuung gebe es nicht nur in den Städten, argumentiert Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Bundestag. Er schlägt vor, dass Senatorin Kiziltepe sich stattdessen an ihre Parteifreunde im Kanzleramt und im Bundesinnenministerium wenden solle. Bundeskanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser könnten Maßnahmen ergreifen, um die irreguläre Migration nach Deutschland einzudämmen und die Ausreise von abgelehnten Asylbewerbern zu beschleunigen.