Spannungen im Nahen Osten: Israel und Iran am Rande eines Flächenbrands
Ein erneuter Schlag und Gegenschlag zwischen Israel und der Hamas droht die Spannungen im Nahen Osten weiter zu verschärfen. Die Tötung des Hamas-Auslandschefs Ismail Hanija und des Hisbollah-Kommandeurs Fuad Schukr, beide an unterschiedlichen Orten, sind jedoch nicht nur Vergeltungsakte, sondern gezielte Provokationen. Diese Zuspitzung der Gewalt birgt das Risiko einer regionalen Eskalation mit unvorhersehbaren Auswirkungen.
Die politische Klugheit hinter der Ermordung von Ismail Hanija in Teheran ist fraglich. Hanija war nicht aktiv am aktuellen Gaza-Krieg beteiligt, sondern führte Verhandlungen über einen Waffenstillstand und die Freilassung israelischer Geiseln im Auftrag der Hamas. Durch seine Ermordung rückt eine Lösung nun in noch weitere Ferne.
Darüber hinaus ist dieser Angriff eine Demütigung für den Iran, der die Hamas unterstützt. Das Mullah-Regime wird voraussichtlich reagieren, um seine Ehre wiederherzustellen und seinen Status als Verteidiger der palästinensischen Sache zu wahren. Ayatollah Ali Chamenei, der oberste Führer des Irans, hat bereits eine harte Bestrafung angekündigt. Ein iranischer Vergeltungsschlag wird jedoch weitere Aktionen Israels zur Folge haben. Die Gefahr eines Flächenbrands in der Region ist so hoch wie noch nie zuvor. Nicht nur der Iran und seine Verbündeten Hisbollah, Huthi und die Hamas fühlen sich herausgefordert, sondern auch der türkische Präsident Erdogan hat bereits mit einer Intervention gedroht.
Es gibt keinerlei Interesse von Seiten der beteiligten Akteure an einem großen Krieg. Dennoch steigt das Risiko einer folgenreichen Eskalation, bei der eine Gewaltkaskade entsteht, die außer Kontrolle gerät. Der US-Verteidigungsminister Austin hat bereits klargestellt, dass Amerika Israel im Falle eines Angriffs verteidigen würde - ein Abschreckungssignal in Richtung Teheran.
Es ist verständlich, dass Israel alles daran setzt, das grausame Massaker der Hamas vom 7. Oktober zu verhindern. Doch der vermeintliche Doppelschlag von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Es ist nicht auszuschließen, dass er sich nach den jüngsten Versicherungen seitens der USA zur Internationalisierung des Konflikts ermutigt fühlt. Netanjahu steht innenpolitisch unter Druck aufgrund der stockenden Geiselverhandlungen, des Sicherheitsversagens und des Versuchs einer fragwürdigen Justizreform. Ein radikaler Kurs ist seine Strategie, um seine Koalitionspartner am rechten Rand bei der Stange zu halten. Mit Krieg allein wird Israel den Konflikt nicht lösen können. Die Strategie der permanenten Gewalt bringt weder Stabilität noch Frieden. Ohne ein Angebot der Teilhabe und einem Leben in Würde für die Palästinenser wird sich die Gewaltspirale weiterdrehen.
Es ist niemand geringeres als Israels Armeesprecher Hagari, der kürzlich sagte: "Die Hamas ist eine Idee, die in den Herzen der Menschen verwurzelt ist. Wer glaubt, wir könnten die Hamas ausschalten, der irrt sich." Und weiter: "Lege Israel keinen Plan vor, wie der Gazastreifen nach Kriegsende regiert und versorgt werden soll, werden wir im Endeffekt die Hamas haben." Netanjahu sollte seine Worte beherzigen.
Angesichts der Ereignisse steht der Nahe Osten am Rande eines Flächenbrands. Die internationale Gemeinschaft muss dringend intervenieren, um eine weitere Eskalation zu verhindern und den beteiligten Parteien eine friedliche Lösung zu ermöglichen.