Berlin Aktuell

Die Schlosskulisse am Palast der Republik: Eine Frage der Ästhetik und demokratischen Moderne

Die Schlosskulisse, die vor ziemlich genau 30 Jahren vor dem noch stehenden Palast der Republik entstand, stellte zweifellos die Macht der Fachleute in Architektur- und Städtebaudebatten in Frage: Wer entscheidet über die Ästhetik unserer Umwelt?

Aber durchgesetzt und durchgeführt wurde das Projekt sicher nicht von einer „Kamarilla neo- bis rechtskonservativer Preußen-Nostalgiker“, wie kürzlich eine Autorin im Stadtmagazin „Tip“ gänzlich ahistorisch wütete. Ich kann das als einer der damaligen Mit-Kuratoren durchaus selbstbewusst behaupten.

Sicher wirkte die seit den 1970er-Jahren in der DDR und der alten Bundesrepublik betriebene Idealisierung der hohenzollernschen Militärmonarchie zum angeblich vornehmlich liberalen Kunst- und Kultur-Staat. Auch der fatale deutsche Idealismus spielte eine große Rolle, der der Kunst eine entpolitisierte Sonderrolle im Leben einräumt. Aber Preußen-Reaktionäre? Nicht, das ich mich erinnerte.

Linke und Konservative setzten sich ein

Deswegen war es auch für die in der Wolle gewaschene Linksliberale Kristin Feireiss möglich, in der Schlosskulisse eine Ausstellung von zehn „modernen“ Gegenentwürfen zum Nachbauprojekt zu zeigen. Ihre Architekturgalerie Aedes war schon damals ein Zentrum der Suche nach den Formen einer demokratischen Moderne, da gehört auch die offene Debatte über unliebsame Themen wie Fassadennachbauten dazu. Sie als „Preußen-Nostalgikerin“ zu bezeichnen, ist schlichtweg Verleumdung.

Auch die Architekten Frank Augustin und Goerd Peschken oder die Akademie der Künste den Bau waren wahrlich nicht Preußen-sentimental, als sie eine solche Kulisse vorschlugen, um die Debatte zu demokratisieren. Und die Pariser Künstlerin Catherine Feff, die diese Kulisse mit mehr als 50 Mitmalenden schuf, soll eine Reaktionäre sein? Es gab Linke, Liberale, Konservative, die sich für das Projekt einsetzten.

Wilhelm von Boddien – egal, wie man zu seinem Wiederaufbauprojekt steht, diese Ehrlichkeit muss sein – propagierte es eben nicht als Teil einer politischen Preußen-Renaissance, sondern als rein ästhetisches Projekt der Stadtrekonstruktion. Deswegen hatten die Kuratorinnen und Kuratoren übrigens volle Gestaltungsfreiheit – bis hin zu Fotos, auf denen für den Fortbestand des Palastes der Republik demonstriert wird.

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All diese durchaus widersprüchlichen Perspektiven kann man bis heute in dem ausdrücklich mit einem Fragezeichen versehenen Katalogband „Das Schloss?“ nachlesen. Und selbstverständlich freuten sich auch einige Reaktionäre an der Kulisse. Aber für ihren Bau und die Gestaltung der Ausstellungen spielten sie keinerlei Rolle. Sonst wäre dies Projekt nicht entstanden.

Nikolaus Bernau war dabei: Die Schlosskulisse war kein Projekt einer reaktionären Kamarilla.

Daniel Wom

Der in Berlin geborene Daniel Wom ist ein versierter Journalist mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Er hat an der Freien Universität Berlin Journalistik und Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Daniel hat für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und ist bekannt für seine tiefgründigen Analysen und klaren Darstellungen komplexer Sachverhalte. Er ist Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband und hat mehrere Auszeichnungen für seine exzellente Berichterstattung erhalten. In seiner Freizeit erkundet Daniel gerne die vielfältige Kulturszene Berlins und ist leidenschaftlicher Webentwickler.

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