Wie alt ist Berlin und wie lebten die ersten Berliner? Eine spannende Frage, auf die es jetzt druckfrische und überraschende Antworten gibt.
Wenn unsere Stadt feiert, dann in aller Regel mit Bezug zum Jahr 1237. Doch das ist nur das Jahr, in dem die „Schwesterstadt“ Cölln erstmals in einer Urkunde erwähnt wurde. Berlin und Cölln waren zu diesem Zeitpunkt jedoch seit fast einem Jahrhundert bewohnt.
„Archäologische Datierungen am Petriplatz haben gezeigt, dass der Siedlungsbeginn von Cölln in der Zeit um 1150 liegen muss.“ So zu lesen in einem neuen Buch, das sich dem Leben an der Spree zwischen 1150 und 1300 widmet.
Die Archäologin Claudia Maria Melisch, Jahrgang 1968, leitete ab 2007 die Grabungen in Mitte. Nun beschrieb sie in „Die ersten Berliner“ (erschienen im Bebra-Verlag), gemeinsam mit den Historikern Ines Garlisch und Jörg Feuchter, wie alles mit der Stadt begann. Heutiger Forschungsstand: Um 1150 wurde der erste waschechte Berliner in Berlin geboren.
Die Forscher räumen mit vielen alten Vorstellungen gründlich auf. Beispielsweise lehnen sie die Begriffe „Schwesterstadt“ oder „Doppelstadt“ für Berlin und Cölln ab. „Die beiden Orte haben sich keineswegs schwesterlich verhalten“, heißt es. 550 Jahre waren es unabhängige Orte mit eigenen Stadtrechten.
Berlin war auch nie ein Dorf. Es entstand nicht aus einer bäuerlichen Siedlung, sondern wurde vor rund 870 Jahren an der Spree angelegt.
Die Ur-Berliner kamen dabei nicht in eine menschenleere Gegend. Köpenick und Spandau gab es schon. Seit dem 7. Jahrhundert war das Gebiet slawisch besiedelt. Im Wort Berlin steckt der slawische Begriff für „Sumpf“. Der Ortsname beschrieb, was die Siedler vorfanden: ein Feuchtgebiet.
Die ersten Berliner legten nah am Fluss Marktplätze wie den Krögel an. Berlins Lage direkt am Wasser war für den Handel günstig. Zu bieten hatten sie vor allem Getreide und Eichenholz. Ein wichtiger Handelspartner war Hamburg und Berlin wurde auch Mitglied der Hanse.
Schutzpatron der ersten Kirche wurde der heilige Nikolai, Beschützer der Reisenden und Kaufleute. Die Grundmauern von St. Nikolai stammen aus der Zeit um 1150.
Bereits in den Anfängen der Stadt wurden Straßenverläufe und die Größen von Grundstücksparzellen festgelegt. Dazu erhielt die Stadt eine feste Grenze, die im Mittelalter auch eine Stadtmauer umgab. Einen winzigen Rest kann man bis heute in der Waisenstraße bestaunen.
Man sprach im alten Berlin niederdeutsch, also platt, und nur wenige Menschen konnten schreiben. Daher ist die Zahl der Urkunden gering und der Blick auf die archäologischen Überreste umso wichtiger und spannender.
Neue Methoden bringen dabei immer wieder neue Erkenntnisse. Das neue Buch über die ersten Berliner fasst sie auf sehr verständliche Weise zusammen. Eigentlich müsste es Schullektüre werden!