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Berliner „Regenbogenfamilien“ – Queeres Familienleben: Endlich Normalität?

Berliner "Regenbogenfamilien" - Queeres Familienleben - endlich Normalität?

Bei "Regenbogenfamilien" handelt es sich um Familien in Deutschland, in denen mindestens ein Elternteil lesbisch, schwul, bisexuell, transgeschlechtlich, intergeschlechtlich oder nicht-binär ist. Obwohl die rechtliche Gleichstellung dieser Familien in den letzten Jahren vorangetrieben wurde, zeigt sich in der Praxis, dass von einer tatsächlichen Gleichbehandlung noch keine Rede sein kann.

Seit dem 1. Oktober 2017 können Menschen in Deutschland unabhängig von ihrem Geschlecht heiraten, was zu einer weitgehenden rechtlichen Gleichstellung geführt hat. Trotzdem haben queere Paare in vielen Bereichen immer noch mit Benachteiligung und Ungleichbehandlung zu kämpfen.

Ein Hauptproblem liegt im Abstammungsrecht, das im Gegensatz zum Adoptionsrecht nach der Einführung der Ehe für alle nicht geändert wurde. Laut dem geltenden Recht gibt es zwei Elternstellen für ein Kind, nämlich die Mutter und den Vater. Wenn ein Mann bei der Geburt mit der werdenden Mutter verheiratet ist, wird er automatisch zum rechtlichen Vater. Ist jedoch eine Frau mit der werdenden Mutter verheiratet, wird sie nicht automatisch zur rechtlichen Mutter des Kindes. Daher müssen queere Paare auch sechs Jahre nach der Ehe für alle noch eine Stiefkindadoption durchlaufen, um die volle Anerkennung ihrer Elternschaft zu erlangen, was Zeit und Nerven kostet.

Ein konkretes Beispiel dafür sind Tine* und Marie* aus Berlin. Ihr Sohn Fabian wurde im Frühjahr 2022 geboren. Marie ist die leibliche Mutter, und das Paar fand über eine Internet-Plattform einen Samenspender. Für die Adoption mussten sie zahlreiche Unterlagen wie Geburtsurkunde, Ehe-Urkunde, polizeiliches Führungszeugnis beider Mütter, ärztliche Untersuchungen sowie Einkommensnachweise und Lebenslauf von Tine vorlegen. Der gesamte Prozess fühlte sich für sie absurd und diskriminierend an, obwohl sie nie wirkliche Sorgen um die Adoption hatten.

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Noch größere Hürden haben Paare zu nehmen, bei denen ein oder mehrere Elternteile nicht-binär, trans- oder intergeschlechtlich sind. Schon die nötigen Formulare sind in den allermeisten Fällen binär gehalten, sodass nur "männlich" und "weiblich" als Geschlecht angegeben werden können. Das Regenbogenfamilien-Zentrum Berlin schreibt, dass die rechtliche Anerkennung der Elternschaft für die meisten Regenbogenfamilien eine hohe Hürde darstellt und dass das Gesetz die Vielfalt der Familien nicht ausreichend abbildet. Alternative Modelle, bei denen mehrere Erwachsene Verantwortung für ein Kind übernehmen, lassen sich rechtlich überhaupt nicht abbilden. Zudem werden Kosten für Kinderwunschbehandlungen ausschließlich für heterosexuelle Paare übernommen. Regenbogenfamilien sind also oft stark von den Personen abhängig, die ihre Anliegen bearbeiten. Auch in Kitas und Schulen gibt es je nach Sensibilisierung immer noch Benachteiligung.

Ein positives Beispiel ist die Kita Nestwärme in Berlin-Kreuzberg. Der Trägerverein "Nestwärme e.V." wurde Ende der 1990er Jahre von Menschen mit HIV-positivem Hintergrund gegründet und versteht sich heute als inklusiver Kindergarten für alle Familien, zieht jedoch auch viele queere Familien an. Besonderen Wert legt die Kita auf geschlechtersensiblen Umgang mit Kindern und Eltern sowie auf eine demokratische Beteiligung von Kindern und Eltern.

Trotz einiger positiver Beispiele ist queeres Familienleben - selbst in Berlin - auch sechs Jahre nach der Ehe für alle noch keine Selbstverständlichkeit geworden. Es gibt noch immer keine wirkliche Gleichbehandlung zwischen den verschiedenen Familienkonstellationen. Das Regenbogenfamilien-Zentrum begrüßt Kitas, die Vielfalt abbilden und thematisieren, betont jedoch, dass solche Schutzräume noch immer notwendig sind, solange noch nicht alle Einrichtungen die Vielfalt der Familien akzeptieren.

Daniel Wom

Der in Berlin geborene Daniel Wom ist ein versierter Journalist mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Er hat an der Freien Universität Berlin Journalistik und Wirtschaftswissenschaften studiert und arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Daniel hat für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und ist bekannt für seine tiefgründigen Analysen und klaren Darstellungen komplexer Sachverhalte. Er ist Mitglied im Deutschen Journalisten-Verband und hat mehrere Auszeichnungen für seine exzellente Berichterstattung erhalten. In seiner Freizeit erkundet Daniel gerne die vielfältige Kulturszene Berlins und ist leidenschaftlicher Webentwickler.

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