Berlin, 27. September 2022 – Das Berliner Landgericht hat am Freitag ein Urteil gegen Mitglieder einer Schleuserbande gefällt. Die Bande soll mehr als 1000 Menschen illegal nach Deutschland gebracht und dabei Millionengewinne erzielt haben. Der mutmaßliche Kopf der Bande und fünf weitere Angeklagte wurden zu Freiheitsstrafen verurteilt. Die Hauptverantwortliche erhielt eine Haftstrafe von siebeneinhalb Jahren, zusätzlich ordnete das Gericht die Einziehung von sieben Millionen Euro in ihrem Fall an, die sie durch ihre illegalen Geschäfte erwirtschaftet hatte. Ein weiterer Angeklagter muss 3,3 Millionen Euro einziehen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Laut dem Vorsitzenden Richter handelte es sich bei der Bande um ein „kriminelles System“. Nicht-EU-Bürger wurden mit gefälschten Dokumenten als angebliche EU-Bürger nach Deutschland geschleust und an Unternehmen vermittelt. Dabei wurden die illegalen Arbeitsbedingungen der Arbeiter ausgenutzt. Sie hatten keine Ansprüche auf Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, mussten jedoch Vermittlungs-, Transport- und Unterkunftskosten sowie Strafzahlungen tragen. Somit wurden die Leiharbeiter „diszipliniert“. Aufgrund ihrer schwierigen Lebensbedingungen in ihrer Heimat ließen sie sich auf diese Arbeitsbedingungen ein.
Die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter wurden unter anderem in der Ukraine, in Kasachstan und Moldawien angeworben und mit gefälschten EU-Dokumenten ausgestattet. Durch Scheinfirmen in baltischen Staaten wurden sie an Logistikunternehmen großer Lebensmittel- und Onlinehändler in Deutschland vermittelt.
Im Zeitraum von 2018 bis Ende 2021 wurden Straftaten begangen. In dieser Zeit wurde ein Umsatz von 30 Millionen Euro erzielt und mehr als 1000 Menschen wurden deutschlandweit beschäftigt. Durch die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen entstand ein Schaden von sechs Millionen Euro für den deutschen Steuerzahler.
Im Dezember 2021 wurde die mutmaßliche Bande von der Polizei und dem Zoll festgenommen. Bei einer bundesweiten Razzia mit 2200 Polizisten wurden rund 50 Wohnungen und Büros durchsucht und Millionensummen beschlagnahmt.
Der mutmaßliche Kopf der Bande besitzt sowohl die deutsche als auch die russische Staatsangehörigkeit. Die Angeklagten wurden unter anderem der gewerbs- und bandenmäßigen Urkundenfälschung, der Beschäftigung von Ausländern ohne Aufenthaltstitel und zu ungünstigen Arbeitsbedingungen sowie der Beihilfe dazu für schuldig befunden. Die höchste Strafe von siebeneinhalb Jahren wurde gegen den mutmaßlichen Kopf der Bande verhängt. Ein 57-Jähriger erhielt eine Haftstrafe von vier Jahren und acht Monaten, eine 44-Jährige von drei Jahren und elf Monaten und ein 48-Jähriger von viereinhalb Jahren. Ein 63-jähriger Steuerberater erhielt eine zweijährige Bewährungsstrafe wegen Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt.
Das Urteil entspricht im Wesentlichen den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Die Verteidiger hatten geringere Strafen gefordert.