Titel: Kontroverse um Extra-Gebühren in italienischen Restaurants
Untertitel: Sind zwei Euro für einen Extra-Teller oder das Zerteilen eines Sandwiches gerechtfertigt?
Nichts wird so heiß gegessen, wie’s gekocht wird. Auch Trofie mit Pesto nicht. Für Aufregung hat ein Teller dieser Nudel-Spezialität nun in Ligurien gesorgt – weil aus dem einen Teller drei und aus einer kleinen Service-Leistung eine Zwei-Euro-Gebühr geworden war. Aber alles schön der Reihe nach.
Die italienische Kolumnistin Selvaggia Lucarelli hatte unlängst das Foto einer Restaurantrechnung veröffentlicht, das ihr eine Leserin hatte zukommen lassen. Gelistet sind darauf neben der Trofie-Pasta auch Sardellen, Wasser, Bier – und besagte Extra-Gebühr von zwei Euro.
Diese wurde offenbar erhoben, so zitiert Lucarelli ihre Leserin, weil diese um einen kleinen Extra-Teller für ihre dreijährige Tochter gebeten hatte, die auch von den Nudeln essen sollte. Eine Unverschämtheit, findet die Kolumnistin, die sich seit längerem mit den Geschäftspraktiken italienischer Restaurants auseinandersetzt – und eine, die aktuell ins Bild von Italiens Gastronomen passt noch dazu.
Zwei Euro extra für das Zerteilen eines Sandwiches
Denn nur zwei Tage vor diesem hatte ein weiterer ähnlicher Fall für Aufsehen gesorgt: Auch in einer Gaststätte am Comer See wurde eine absurd anmutende Gebühr erhoben; wieder wurden zwei Euro fällig, dieses Mal aber für die fachgerechte Zerteilung eines Sandwiches. Weil sie sich das belegte Brot mit ihrer Begleitung habe teilen wollen, so schrieb die Kundin auf dem Bewertungsportal Tripadvisor, habe man ihr im Restaurant ein Extrageld berechnet. „Halbieren: 2 Euro“, stand denn auf dem Kassenzettel.
Was einfach nur dreist klingt, ist allerdings gar nicht so einfach zu betrachten – wenn man denn den Gastronomen zuhört. Im Fall der Trofie-Pasta und dem Extra-Teller war es nämlich so: Das Restaurant, das sie führe, sei recht klein, habe nur zehn Sitzplätze, erklärte die Besitzerin Ida Germano dem Nachrichten-Portal Today. Die entsprechende Kundin samt Kind und einer weiteren erwachsenen Begleitung hätten nur die Pasta und einen Teller mit Sardellen bestellt, sich aber alles teilen wollen – auf drei und nicht auf zwei Tellern.
Dass sie ihrer Kundin letztlich nur einen Extra-Teller berechnet habe, sieht Germano als kulanten Zug: Eigentlich hätte sie beide zusätzliche Teller berechnen müssen, schließlich hätte sich die Spülarbeit verdreifacht. Ähnlich argumentiert auch die Restaurantbesitzerin Cristina Biacchi, die am Comer See Geld fürs Teilen des Sandwiches gefordert hatte: Extra-Arbeitszeit, Extra-Spülarbeit. Und – da sind sich beide Gastronominnen einig: Ein Essen für zwei Gäste – das rechnet sich einfach nicht.
200 Euro Strafe bei Nichterscheinen der Gäste
Tatsächlich stecken viele Restaurants in der Krise, haben mit erhöhten Energie- und auch Lebensmittelpreisen zu kämpfen – nicht nur in Italien. Im nordrhein-westfälischen Ratingen hatte im Mai 2022 ein Lokal für Aufsehen gesorgt, weil es von seinen Gästen künftig Eintritt verlangen wollte. Andere Restaurants überall in Deutschland, die All-you-can-eat-Buffets anbieten, sind indes dazu übergegangen, Strafgelder zu verhängen: Für jene Gäste nämlich, die sich den Teller gehörig vollladen und dann die Hälfte liegen lassen.
Und in Berlin verlangen viele Gastronomien – von urigen Gaststätten wie der Dicken Wirtin bis zu Gourmetrestaurants wie Tim Raue – seit neuestem Bußgelder in Höhe von bis zu 200 Euro von jenen Gästen, die einen bestellten Tisch nicht wahrnehmen; den für sie reservierten Platz also unbesetzt lassen. Durchgesetzt hat sich in vielen Berliner Restaurants außerdem das Prozedere, Tischreservierungen nur noch mit Zeitfenstern zu gestatten, damit die Gäste nach dem Essen nicht noch stundenlang sitzen bleiben, um am letzten Gläschen Wein zu nippen.
Was wenig gastfreundlich klingt, spricht eine deutliche Sprache: Dass sich nämlich auch das Verhalten der Gäste nicht immer rühmlich ausnimmt – und dass dies gerade in der Krise schwierig ist. Nicht wahrgenommene Reservierungen sorgen für leere Tische und also für ausfallende Einnahmen. Maßlosigkeit am All-you-can-eat-Buffet sorgt für reichlich Lebensmittel-Abfall und somit für Einbußen des Lokals. Und auch wenn zu zweit ein Tisch besetzt, aber nur zum Preis von einem gegessen wird, zahlt letztlich der Wirt. So gibt es viele weitere Beispiele – etwa die gerade in Berlin verbreitete Unsitte, in einem Restaurant nach einem Glas Leitungswasser zu fragen –, bei denen unklar bleibt, was ein guter Service leisten muss, und wann ein Gastronom Grenzen ziehen muss.
Zwei Euro Gebühren für einen Extra-Teller oder für das Zerteilen eines Sandwiches mögen unverschämt klingen – sich zu zweit zum Preis von einem zu verköstigen, ist es jedoch mitunter auch. Wer hat also Recht im Streit um die überschaubaren zwei Euro? Wer ist hier dreist – der Gastgeber oder die Gäste? Böte sich bei einem belegten Brot, das man sich bloß teilen will, nicht eher der Gang zum Bäcker an? Wie lange darf ich im Restaurant den Tisch besetzen – und mit wie vielen Leuten? Schwierige Kiste.
Ein weiteres Beispiel aus Italien fällt da schon eindeutiger aus: Vor wenigen Tagen hatte ein Twitter-Nutzer das Foto eines Kassenzettels veröffentlicht; wieder ging es um ein Restaurant in Italien. Auch hier wurden zwei Euro extra berechnet – dafür, dass Tomaten von der Pizza runtergenommen wurden. Unverschämtheit.