Der Berliner Bezirk Neukölln plant, nach einer längeren Pause wieder sein Vorkaufsrecht für ein Wohnhaus in einem Milieuschutzgebiet auszuüben. Der Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) bestätigte dies in einem Interview mit der Zeitung „nd.Der Tag“. Das betreffende Gebäude befindet sich in der Weichselstraße und umfasst 21 Wohnungen mit rund 50 Mietern sowie zwei Gewerbeeinheiten.
Bis 2021 war es in Berlin üblich, dass die Bezirke das Vorkaufsrecht bei Veräußerungen von Wohngebäuden in sozialen Schutzgebieten zugunsten kommunaler Gesellschaften ausübten. Dies hatte zum Ziel, die Bewohner vor hohen Mietpreisen und Verdrängung zu schützen. Eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im November 2021 entzog dieser Praxis jedoch die Grundlage. Das Gericht urteilte, dass die Annahme, ein anderer Käufer könnte die Mieter verdrängen, keine ausreichende Grundlage für das Vorkaufsrecht sei.
Seitdem ist die Ausübung von Vorkaufsrechten in den Berliner Milieuschutzgebieten zur Erhaltung der Sozialstruktur praktisch zum Erliegen gekommen. Trotzdem sieht der Bezirk Neukölln im konkreten Fall die Möglichkeit, sein Vorkaufsrecht anzuwenden. Dies ist jedoch nur möglich, weil das Gebäude sich in einem schlechten baulichen und städtebaulichen Zustand befindet, wie Biedermann betonte.
Das Bezirksamt Neukölln hat bereits alle notwendigen Schritte eingeleitet, um das Vorkaufsrecht für das Gebäude wahrzunehmen. Letztendlich kann dies nur gelingen, wenn das Amt einen Käufer findet. In der Vergangenheit waren dies meistens kommunale Wohnungsgesellschaften. Eine andere Möglichkeit sind gemeinnützige Genossenschaften.
Um Vorkaufsrechte wieder im Umfang wie vor der Gerichtsentscheidung im November 2021 anwenden zu können, müsste das Baugesetzbuch auf Bundesebene geändert werden.
Quelle: rbb24 Abendschau, 24.07.2023, 19:30 Uhr