Berliner Wohnungsmangel: Psychische Krisen als Schatten unserer Stadt

Neukölln, Deutschland - Eine Gruppe von Besuchern steht heute vor der Tür von Herrn Schacht in Neukölln. Der Hausflur ist eng und der Bewohner öffnete nicht. Dies geschieht im Rahmen einer Veranstaltung, die vom Paritätischen Gesamtverband organisiert wurde. Diese Busreise thematisiert den gravierenden Wohnungsmangel in Berlin und dessen verheerende Auswirkungen auf psychisch Kranke sowie wohnungslose Menschen, einschließlich Jugendlicher. Der Reisebus mit der Aufschrift „Starship“ wartet auf die Gäste, doch es bleibt still, während auf der Fußmatte „Welcome home“ steht, wobei das zweite O ein Haus darstellt. Herr Schacht lebt in einer sanierten Wohnung, die ihn davor bewahrt hat, auf der Straße zu landen, in einem Gebäude, das 18 Wohnungen für Wohnungslose umfasst und in einer Kooperation mit der Gewobag entstanden ist.
Berlin hat sich in den vergangenen Jahren vom Ideal der dezentralen Unterbringung verabschiedet. Diese Entwicklung macht die Herausforderungen im Wohnungssektor deutlich, insbesondere für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Stefanie Schreiter, Leiterin des Therapiezentrum für bipolare Störungen an der Charité, betont, dass über 70% der obdachlosen Menschen in deutschen Großstädten eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung haben und über 90% mindestens einmal betroffen waren. Die Verbindung zwischen Wohnungslosigkeit und psychischen Erkrankungen ist komplex und wird auch durch die sogenannte Shift-or-Drift-Hypothese diskutiert. Diese Theorie besagt, dass psychische Erkrankungen oft dazu führen, dass Menschen ihre Wohnungen verlieren.
Die Spirale der Wohnungslosigkeit und psychischen Erkrankungen
Menschen mit psychischen Erkrankungen finden häufig keinen Zugang zu angemessenem Wohnraum, da ihre Erkrankungen die Suche erheblich erschweren. Es ist auch wichtig, die sozialen Faktoren zu betrachten, die zur Wohnungslosigkeit beitragen, wie etwa Jobverlust, Schulden und Trennungen. Eine Meta-Analyse zeigt, dass Wohnungslosigkeit ein Ausdruck sozialer Exklusion ist und häufig mit der sozialen Stigmatisierung von Betroffenen verbunden ist. Psychische Erkrankungen können sowohl Ursache als auch Folge von Wohnungslosigkeit sein.
Eine Konferenz im vergangenen September brachte Fachleute aus verschiedenen Bereichen zusammen, um Strategien zur Bekämpfung dieser Thematik zu entwickeln. Trotz zahlreicher Initiativen fallen viele Menschen aufgrund von Schnittstellenproblemen durch das soziale Netz. Die Notwendigkeit einer besseren Vernetzung zwischen psychiatrischem Versorgungssystem und Wohnungslosenhilfe wird von vielen Experten gefordert, nicht zuletzt weil ältere Menschen und Personen mit Doppeldiagnosen oft besonders benachteiligt sind.
Neue Ansätze und Herausforderungen
Im Rahmen der Diskussion wird auch das Konzept „Housing First“ erörtert, bei dem Menschen ohne Bedingungen Wohnraum angeboten wird. Die Vorschläge sind sinnvoll, jedoch ist der Platz aufgrund des akuten Wohnungsmangels begrenzt. Der Bericht über die Entwicklung der Wohnungslosigkeit in Deutschland zeigt, dass im Jahr 2018 schätzungsweise 678.000 Personen obdachlos waren, darunter 41.000 ohne Unterkunft auf der Straße. Besonders besorgniserregend ist, dass unter diesen keine ausreichende Statistik über die Anzahl wohnungsloser Frauen und Kinder vorliegt, obwohl der Anteil nicht unerheblich ist.
Um den Betroffenen zu helfen, ist es entscheidend, dass der Zugang zu Hilfen einfach gestaltet wird. Aufsuchende Unterstützung könnte denjenigen helfen, die sonst keine Hilfsangebote in Anspruch nehmen würden. Auch die Einbeziehung von ehemaligen Betroffenen in die Ausarbeitung neuer Programme könnte dazu beitragen, geeignete Lösungen zu finden. Es besteht zudem ein wachsender Bedarf an digitalen Lösungen, die Barrieren verringern und die Inanspruchnahme von Unterstützung erhöhen.
Die Herausforderungen, die mit Marginalisierungsprozessen und Wohnungslosigkeit einhergehen, stellen nicht nur soziale, sondern auch gesundheitliche Aspekte dar. Die Corona-Pandemie hat bestehende Benachteiligungen verstärkt und die Aufrechterhaltung von Hilfsmaßnahmen erschwert. Politische Entwicklungen wie Gentrifizierung und Urbanisierung haben die Probleme zusätzlich verschärft. Die kommenden Monate werden zeigen, wie aktiv die Stadt Berlin diese Herausforderungen angeht und ob die notwendige Unterstützung für die Betroffenen bereitgestellt wird.
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Ort | Neukölln, Deutschland |
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