Schicksale aus dem Schatten: Ausstellung zur sowjetischen Haft in Potsdam eröffnet
Am 27. September 2025 eröffnet die Gedenkstätte Lindenstraße in Potsdam eine Ausstellung über sowjetische Haft Schicksale zwischen 1945 und 1952.

Schicksale aus dem Schatten: Ausstellung zur sowjetischen Haft in Potsdam eröffnet
Am 27. September 2025 wurde in der Gedenkstätte Lindenstraße 54/55 in Potsdam die Ausstellung „Das graue Elend von Potsdam“ eröffnet, die sich mit den Schicksalen tausender Menschen in sowjetischer Haft zwischen 1945 und 1952 auseinandersetzt. Laut dem rbb24 waren in diesem Zeitraum über 2.000 Menschen, darunter auch 224 Frauen und 109 Jugendliche, in der Lindenstraße inhaftiert. Besonders in den Jahren 1947 und 1948 kam es zu vermehrten Verhaftungen, die vor allem politisch motiviert waren. Jochen Stern, ein ehemaliger Häftling, war an der Eröffnung der Ausstellung anwesend und schilderte seine eigene Haftgeschichte. Er wurde am 14. Oktober 1947 verhaftet und verbrachte 378 Tage unter extremen Bedingungen.
Die Gedenkstätte ist im Volksmund als „Lindenhotel“ bekannt und hat eine lange Geschichte. Ursprünglich wurde das Gebäude zwischen 1734 und 1737 im holländischen Stil erbaut. Es diente während des Nationalsozialismus als Untersuchungsgefängnis für politische Häftlinge und wurde nach dem Krieg vom sowjetischen Geheimdienst NKWD/MGB übernommen. Bis zur Schließung des Untersuchungsgefängnisses im Jahr 1989 waren dort zwischen 6.000 und 7.000 Menschen inhaftiert, oft aufgrund von Vorwürfen der Meinungsfreiheit oder Spionage, wie die Wikipedia berichtet.
Die Ausstellung und ihre Inhalte
In der aktuellen Ausstellung werden 26 Biografien von inhaftierten und verurteilten Personen vorgestellt. Jochen Stern, der Lehrer aus Frankfurt (Oder) und Mitglied der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands, erfuhr erst spät von den gegen ihn erhobenen Spionagevorwürfen. In seiner Zeit in Haft berichtete er von körperlicher Misshandlung und unmenschlichen Bedingungen. Letztendlich wurde er zu 25 Jahren Zwangsarbeitslager verurteilt. Nach seiner Entlassung durch eine Amnestie im Jahr 1954 baute Stern ein neues Leben in der Bundesrepublik Deutschland auf, studierte Jura, wurde Schauspieler und veröffentlichte mehrere Bücher. Heute hat er eine distanzierte Sicht auf seine Erlebnisse in der Haft.
Die Gedenkstätte Lindenstraße 54/55 wurde 2007 als Mahn- und Gedenkstätte etabliert. Die Stiftung, die das Gebäude heute betreut, hat sich zum Ziel gesetzt, die Geschichte der beiden deutschen Diktaturen und ihrer Opfer zu dokumentieren. Sie bietet nicht nur eine Dauerausstellung an, sondern ergänzt diese durch Sonderausstellungen und Veranstaltungen. Diese Maßnahmen sollen zur Aufarbeitung und zur Erinnerung an die politischen Verfolgungen beitragen, wie die bpb hinweist.
Kritischer Rückblick auf die sowjetische Nachkriegszeit
Die Zeit der sowjetischenhaftstätten in Deutschland ist geprägt von politischer Verfolgung und Repression. Etwa 157.837 Personen wurden allein in den speziellen Lagern der Sowjetischen Okkupationszone registriert, viele von ihnen ohne jegliches Justizverfahren. Diese Haftbedingungen waren extrem schlecht, mit weitreichender Isolation und unzureichender medizinischer Versorgung. Die Zahl der inhaftierten Personen stieg nach dem Mauerbau 1961, als Fluchtvorwürfe vermehrt zur Verhaftung führten. In dieser Zeit war der sowjetische Geheimdienst nicht nur für das zentrale Untersuchungsgefängnis in Potsdam verantwortlich, sondern auch für die Prüfung der politischen Loyalität der Bürger.
Die Gedenkstätte und die aktuelle Ausstellung sind nicht nur eine Erinnerung an individuelle Schicksale, sondern auch ein wichtiger Schritt in der Auseinandersetzung mit der Geschichte des Kalten Krieges und der DDR. Mit Zeitzeugengesprächen, Lesungen, Vorträgen und Führungen wird ein Raum geschaffen, in dem diese dunklen Kapitel beleuchtet und diskutiert werden können. Die Ausstellung ist bis zum 12. Juli 2026 zu sehen und bietet einen tiefen Einblick in die Mechanismen politischer Unterdrückung und deren Folgen.