Ex-Botschafter Wolfgang Ischinger: „Es gibt derzeit keinerlei Anzeichen dafür, dass die russische Aggression auf NATO-Gebiet übergreift.“
Der ehemalige Staatssekretär im Auswärtigen Amt und Ex-Botschafter in Washington D.C. und London, Wolfgang Ischinger, betont die anhaltende Bedeutung der NATO. Laut Ischinger ist das Bündnis auch heute noch genauso wichtig wie zu Zeiten des Kalten Krieges. Anlässlich der 75-Jahr-Feier des Bündnisses in Washington äußerte er gegenüber dem TV-Sender phoenix: „Ohne dieses Bündnis, ohne die Vereinigten Staaten von Amerika, wäre Europa nicht imstande, mit der aktuellen Herausforderung umzugehen.“
Ischinger sieht die Abschreckung des Bündnisses als erfolgreich an und betont: „Es gibt erfreulicherweise keinerlei Anzeichen dafür, dass die russische Aggression derzeit auf NATO-Gebiet übergreift.“ Trotzdem ist das russische Großmachtdenken für Nicht-NATO-Mitglieder und Nachbarstaaten Russlands eine konkrete Bedrohung.
Die Ukraine jedoch wird laut Ischinger auf absehbare Zeit kein NATO-Mitglied werden. Als Hauptgrund nennt er die Zustimmung aller 32 Mitgliedstaaten, die vom jeweiligen Parlament erfolgen müsste. Aus politischer und strategischer Sicht wäre es riskant, die Ukraine voreilig aufzunehmen und Wladimir Putin ein „Geschenk“ zu machen. Stattdessen sollte die Ukraine mit den nötigen Verteidigungsmitteln ausgestattet werden, um sich erfolgreich verteidigen zu können.
Ischinger fordert die europäischen Staaten auf, sich stärker in der Auseinandersetzung mit Russland zu engagieren. Er betont, dass die Erwartung in Washington sein wird, dass Europa sich selbst mit den Bedrohungen, insbesondere Russland, auseinandersetzen kann. Dafür müssen die europäischen Staaten enger zusammenarbeiten und ihre Verteidigung besser koordinieren. Nur so können sie effektiv ihre Interessen und Grenzen verteidigen.
Der ehemalige Botschafter hofft, dass sich die Zeitenwende auch in höheren Verteidigungshaushalten niederschlägt. Für Ischinger ist das Zwei-Prozent-Ziel als Untergrenze anzusehen, um den eigenen sicherheitspolitischen Interessen gerecht zu werden. Es geht um die Sicherheit Europas und nicht allein um eine Erfüllung des Wunsches von Donald Trump.
Es bleibt zu hoffen, dass die europäischen Staaten die Notwendigkeit erkennen, ihre Verteidigung zu stärken und sich für die Herausforderungen der Zukunft zu rüsten.