Elektronische Fußfessel in Brandenburg: Lösung oder Hürde bei Gewalt?
In Brandenburg wird ab 2024 die elektronische Fußfessel für Gewalttäter diskutiert, um häusliche Gewalt effektiver zu verhindern.

Elektronische Fußfessel in Brandenburg: Lösung oder Hürde bei Gewalt?
In Brandenburg ist seit Februar 2024 die präventive Anlegung elektronischer Fußfesseln für mutmaßliche Gewalt- und Sexualstraftäter gesetzlich möglich. Dennoch wurde diese Maßnahme bislang nicht angewandt, obwohl die Zahlen häuslicher Gewalt alarmierend ansteigen: Im Jahr 2024 wurden 6.790 Fälle registriert, was einem Anstieg von über 7% im Vergleich zum Vorjahr entspricht, wie rbb24 berichtet.
Die elektronische Fußfessel, ein GPS-Sender, wird am Fußgelenk getragen und löst Alarm aus, wenn festgelegte Verbotszonen überschritten werden. Das Polizeipräsidium Potsdam nennt jedoch „hohe rechtliche Hürden“ als Grund für die Nichtanwendung dieser Technologie. Beate Kardels, Sprecherin des Präsidiums, erläutert, dass zunächst alternative Maßnahmen ergriffen werden müssen, bevor die Fußfessel eingesetzt werden kann. Tatsächlich wurde die elektronische Fußfessel bis heute nur in zwei Fällen für verurteilte Sexualstraftäter verwendet.
Ein neuer Gesetzentwurf auf Bundesebene
Auf Bundesebene plant die Bundesregierung die Einführung elektronischer Fußfesseln für Täter häuslicher Gewalt. Ein entsprechender Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sieht vor, dass Familiengerichte hierüber entscheiden können. Die Maßnahme soll bei Hochrisikofällen zeitlich begrenzt für maximal sechs Monate angeordnet werden, mit der Möglichkeit einer dreimonatigen Verlängerung, wie tagesschau berichtet.
Ein wesentliches Merkmal des neuen Gesetzes ist die Sicherheit der Opfer: Sie werden über ein Empfangsgerät gewarnt, wenn der Täter sich nähert. Außerdem wird die Polizei automatisch alarmiert, wodurch potenzielle Tötungsdelikte und schwere Körperverletzungen verhindert werden sollen. Das geplante Gesetz orientiert sich am erfolgreichen Modell aus Spanien, wo seit 2009 kein Opfer mehr von einem Täter mit Fußfessel getötet wurde.
Die Debatte um die praktische Umsetzung
Während die Einführung der Fußfessel auf breiter politischer Ebene diskutiert wird, äußern sich Verbände, die sich mit Frauenhäusern und Opferschutz befassen, skeptisch. Kritiker befürchten, dass aufgrund verfassungsrechtlicher Hürden diese Maßnahme selten zum Einsatz kommen könnte. Insbesondere wird oft geraten, dass Frauen sich in Sicherheit bringen sollten, anstatt sich auf rechtliche Maßnahmen zu verlassen. Nadja Sthamer, die Gleichstellungsbeauftragte aus Thüringen, unterstützt die Fußfessel, sieht sie aber nur als ein Instrument im Gesamtpaket zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, wie MDR betont.
Schutzmaßnahmen alleine reichen nicht aus, um die Probleme der häuslichen Gewalt zu lösen. Der Kriminologe Thomas Feltes und andere Experten fordern begleitende Maßnahmen wie Betreuung und Beratung für die betroffenen Frauen. Ein wissenschaftlich begleitetes Pilotprojekt zur Testung der Effektivität elektronischer Fußfesseln wäre notwendig, um deren Nutzen im Kampf gegen häusliche Gewalt zu evaluieren.
Der Handlungsbedarf ist evident: Im Jahr 2023 wurden über 250.000 Opfer häuslicher Gewalt in Deutschland registriert, eine alarmierende Zahl, die die Dringlichkeit untermauert. Die Neuregelungen, die voraussichtlich Ende 2026 in Kraft treten sollen, stellen einen bedeutenden Schritt in die richtige Richtung dar, jedoch wird ihre praktische Umsetzung entscheidend für den Erfolg in der Bekämpfung häuslicher Gewalt bleiben.