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Neue Regelungen für ästhetische Eingriffe: Verbot von Vorher-Nachher-Fotos und Rabatten

Bundesgerichtshoff schafft Klarheit: Abrechnung von und Werbung für ästhetische Eingriffe

Berlin, 12. August 2024 – In den letzten Jahren wurde eine zunehmende Kommerzialisierung im Bereich der ästhetischen Eingriffe beobachtet. Besonders über soziale Medien erreichen Werbungen für minimalinvasive Eingriffe immer jüngere Zielgruppen. Diese Entwicklung birgt verschiedene Risiken, da mögliche Komplikationen oft nicht ausreichend thematisiert werden. Zudem erzeugen zeitlich begrenzte Rabattaktionen und Vorher-Nachher-Bilder den Eindruck, dass die Ergebnisse immer realistisch sind. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) Klarheit geschaffen und für eine Anwendung der bestehenden Marktverhaltensregeln plädiert, um die Rechtsicherheit für die Patientinnen und Patienten zu gewährleisten, berichtet Prof. Dr. Marcus Lehnhardt, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (DGPRÄC).

Faltenunterspritzungen: Vorher-Nachher-Darstellungen verboten

Nach einem Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 3. August 2021 (Az. 3 -06 O 16/21) wurde klargestellt, dass Vorher-Nachher-Darstellungen für medizinisch nicht operative plastisch-chirurgische Maßnahmen nicht erlaubt sind. Dies umfasst auch Unterspritzungen mit zum Beispiel Hyaluronsäure. Prof. Lehnhardt erklärte, dass es sich dabei um einen operativ-plastisch-chirurgischen Eingriff handle, der nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) nicht beworben werden darf. Er begrüßte diese Auslegung des Gerichts, da auch bei solchen Behandlungen Risiken bestehen, wie z.B. ein Gefäßverschluss, der zur Erblindung führen kann. Prof. Lehnhardt betonte außerdem die Notwendigkeit einer Kennzeichnungspflicht, da Erwartungen geschürt und Bilder oft bearbeitet werden können.

GOÄ – Rabatte schaffen irrationalen Druck

Prof. Lehnhardt berichtete von einer deutlichen Zunahme von zeitlich begrenzten Rabattangeboten, die eine sorgfältige Abwägung vor einem Eingriff behindern. Durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 4. April 2024 (Az. III ZR 38/23) wurde nun geklärt, dass die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) auch dann zur Anwendung kommt, wenn der Behandlungsvertrag nicht direkt mit dem behandelnden Arzt, sondern mit einer Klinik, einem MVZ, einer GmbH oder einem anderen Akteur abgeschlossen wird. Diese Klarstellung gilt insbesondere für den Bereich der ambulanten Faltenbehandlungen. Die GOÄ findet Anwendung, sobald ärztliche Leistungen erbracht werden.

Probleme bleiben

Für Heilpraktiker, die per Heilpraktikergesetz Injektionen durchführen dürfen, gilt die oben genannte Vorschrift nicht, da sie keine Ärzte sind. Prof. Lehnhardt wies darauf hin, dass es erstaunlich sei, dass Heilpraktiker dennoch befugt sind, Falten mit Hyaluronsäure zu unterspritzen. Hier sei die Rechtslage noch nicht eindeutig. Das Heilmittelwerbegesetz regelt nicht, wer die Heilkunde ausüben darf. Dennoch bestätigte der BGH die Auffassung des Oberlandesgerichts Köln, dass das Verbot nicht nur den klassischen operativen Eingriff umfasst, sondern auch Hautunterspritzungen. Diese Entscheidung des Gerichts basiere auf dem Schutzzweck der Norm und des HWG sowie den möglichen Risiken für die Verbraucher. Prof. Lehnhardt kündigte an, sich nach der parlamentarischen Sommerpause dafür einzusetzen, dass die Rechtslage in diesem Bereich geändert wird. Er betonte außerdem, dass Heilpraktiker:innen trotz fehlender ausreichender anatomischer Kenntnisse und dem Fehlen von Medikamenten für eventuelle Komplikationen keine adäquate Behandlungsumgebung bieten können.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie e. V.

NAG Redaktion

Versierte Journalisten mit einer starken Affinität für Wirtschaftsthemen. Arbeiteten seit mehr als einem Jahrzehnt in den Medien. Haben für verschiedene große Tageszeitungen und Online-Plattformen geschrieben und sind bekannt für tiefgründige Analysen und klare Darstellungen komplexer Sachverhalte.

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