Mega-Job-Chance: Hunderte Kenianer stürmen deutsche Messe in Nairobi

Ein Migrationsabkommen zwischen Deutschland und Kenia eröffnet Arbeitsmöglichkeiten für kenianische Fachkräfte in deutschen Schlüsselindustrien.

Auf einer Jobmesse in Kenias pulsierender Hauptstadt Nairobi strömen hunderte junger Menschen, darunter viele mit strahlenden Augen und vielversprechenden Zukunftsträumen. Die Messe stand im Zeichen eines bahnbrechenden Migrationsabkommens zwischen Deutschland und Kenia, das Mitte September unterzeichnet wurde. Dieses Abkommen soll kenianischen Fachkräften und Studierenden die Einwanderung nach Deutschland erleichtern und könnte die Antwort auf die erschreckende Zahl von 400.000 unbesetzten Stellen im Jahr sein.

Marcel Schwarz, ein Berater vom Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft, findet keine Ruhepause. Schweißperlen bilden sich auf seiner Stirn, während er sich seit Stunden unermüdlich bemüht, den interessierten jungen Kenianern zu erklären, wie sie in Deutschland Fuß fassen können. Der junge Berater ist extra für diesen Anlass aus Deutschland angereist und wird nicht müde zu betonen, dass das Interesse über alle Erwartungen hinausgeht. „Mir fällt vor allem auf,“ sagt Schwarz mit leicht heiserer Stimme, „dass viele der Interessenten bereits gut Deutsch sprechen.“

Deutschland: Chancen und Herausforderungen

Die Jobmesse, organisiert von der deutschen Botschaft und der deutschen Aussenhandelskammer in Ostafrika, zeigte das gewaltige Interesse der kenianischen Jugend an Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland. Mehr als 3.000 Menschen hatten sich angemeldet, doch das Kongresszentrum konnte nur die Hälfte der Interessenten aufnehmen. Vorträge wurden deshalb auch auf Facebook und Youtube übertragen, um möglichst viele Menschen zu erreichen.

Für Kenias Regierung stellt das Abkommen einen bedeutenden Erfolg dar. Es verspricht Zukunftschancen für die zahlreichen jungen Menschen des Landes, die im eigenen Land keinen passenden Job finden. Mit einem Durchschnittsalter unter 20 Jahren und einer Million neuer Arbeitsuchender pro Jahr, haben viele junge Kenianer nur wenig Hoffnung auf formelle Arbeit in ihrem Heimatland. Ein großer Teil versucht sich als Kleinstunternehmer durchzuschlagen oder sogar als Taxifahrer trotz Universitätsabschlusses.

Herausforderungen und Hoffnungen der kenianischen Jugend

Prexy Mwende und Domitila Kambua, beide junge Pflegekräfte, die erst vor einem Jahr ihre Ausbildung abgeschlossen haben, sehen in Deutschland eine verheißungsvolle Zukunft. „Deutschland ist ein hoch entwickeltes Land, das Pflegerinnen viele Chancen bietet,“ erklärt Kambua, die seit einem halben Jahr Deutsch mit einer Privatlehrerin lernt. Auch ihr Kollege Donnell James, ein Wirtschaftsstudium-Absolvent, ist überzeugt: „Deutschland ist die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt. Die müssen irgendwas richtig gemacht haben.“

Doch trotz der großen Chancen gibt es auch Bedenken und düstere Wolken am Horizont. Einige Kenianer fürchten, in Deutschland Opfer von Rassismus zu werden. Die in Nairobi erscheinende Zeitung „The Standard“ berichtete, dass viele Deutsche unzufrieden mit den hohen Migrationszahlen seien und zitierte besorgniserregende Tweets. Dennoch lassen sich viele junge Menschen nicht von ihrem Traum abbringen, wie James bestätigt: „Rassismus ist tatsächlich meine größte Sorge. Auf Tiktok sah ich, dass in Deutschland ein Lied trendete: ‚Ausländer raus‘. Aber Herausforderungen gibt es immer, das stoppt mich nicht.“

Das Abkommen geht zusätzlich auf die Rückführung ausreisepflichtiger Kenianer ein, wobei die Zahl der illegalen kenianischen Immigranten in Deutschland vernachlässigbar gering ist. Tatsächlich wurden im dritten Quartal des Jahres rund 160 Visa an kenianische Fachkräfte vergeben, hauptsächlich im Pflegebereich.

Ein Migrationsabkommen wie dieses ist ein Balanceakt. Die deutsche Regierung, unter Druck durch Wahlerfolge der AfD, will keinen Eindruck von massenhafter Arbeitsmigration erwecken. So dementierte das deutsche Innenministerium prompt die Zahl von 250.000 Arbeitsplätzen, die von der kenianischen Regierung nach der Unterzeichnung des Abkommens verbreitet wurde, als „klar falsch“. Ein gleichwertiges Interview ist zu lesen bei www.nzz.ch.

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